Gewerkschaften zu Tode loben – Teil 1

Thomas Lobinger lobt in der SZ die Tarifautonomie und sieht den Mindestlohn als grundgesetzwidrige Übernahme von gewerkschaftlichen Aufgaben durch den Staat.Besser sei es, das System der Kombi-Löhne gerechter zu machen. Der Sozialstaat finanziere Niedriglohnarbeitsverhältnisse zugunsten mancher Unternehmer mit, durch eine Abgabe für diese Unternehmer solle das begrenzt werden.

Lobinger argumentiert mit der grundgesetzlich geschützten Vertragsfreiheit. Nun gilt die nicht absolut, sondern in Grenzen: Kein Vertrag hätte vor Gericht Bestand, in dem der Arbeitnehmer auf sein Wahlrecht verzichtet. Die Grenzen, in denen Verträge geschlossen werden, werden politisch durch Gesetze gezogen. Warum sollte ein Mindestlohn von 10 Euro hier eine unzulässige Einschränkung der Vertragsfreiheit darstellen, dient er doch erst einmal nur dazu, die grundgesetzlichen Rechte auf Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu realisieren?

Oberhalb von 10 Euro gibt es immer noch genug Verhandlungsmasse, um die Gewerkschaften vor der Bedeutungslosigkeit zu retten. Ich kenne keinen Gewerkschafter, der nicht lieber für eine Lohnerhöhung von 20 auf 22 Euro kämpfen würde als die Abwehrschlacht gegen eine Minderung des Reallohnes von 6 auf 4 Euro zu schlagen.