Mehrdimensionales Denken in den Sozialwissenschaften

Die Gesellschaft ist heute multipolar – das bedeutet, wir kommen mit dem alten links-rechts-Schema aus der Französischen Revolution nicht mehr sehr weit – eigentlich zeigt bereits die Bezeichnung „Sumpf“, die die selbsternannten Jakobiner für die parlamentarische Mitte benutzten, dass mit dem links-rechts-Denken schon im 18. Jahrhundert etwas nicht stimmte. Marcuse hat das „eindimensionales Denken“ genannt.

Mehrdimensionales Denken in den Sozialwissenschaften heißt dagegen, Gesellschaft als Raum zu begreifen, und zum Beispiel die heutige Situation etwa anhand dieser drei Koordinatenachsen zu analysieren: 1. Markt oder Staat, 2. Kapital oder Arbeit 3. autoritär oder libertär. In der Parteienforschung wird schon länger mit ähnlichen Beschreibungen politischer Orientierung gearbeitet, zusätzlich können wir heute noch eine vierte Achse hinzufügen: 4. kulturell offen oder kulturell geschlossen.

Diese vier Achsen schaffen einen komplexen vierdimensionalen Raum, in dem es vielfältige Widersprüche auch innerhalb von assoziierten Gruppen gibt. Dadurch erklärt sich dann auch, warum das Blockupy Bündnis sich so unangenehm anfühlt – weil diese ganzen unterschiedlichen Gruppen eigentlich nur gemeinsam haben, dass sie in Opposition zur Regierungspolitik der Bundes- und Landesregierung stehen. Aber die folgenden Fragen würden unterschiedliche Gruppen innerhalb des Bündnisses vermutlich völlig einander widersprechend beantworten: Wieviel Markt und wieviel Staat wollen wir? Wie autoritär und wie libertär soll unsere Gesellschaft sein?

Die String-Theorie arbeitet ja inzwischen mit 18 Dimensionen, soweit ich informiert bin. Bei so vielen Dimensionen verliere ich persönlich auf jeden Fall den Überblick, was aber auch daran liegen kann, dass ich wegen emines langweiligen Lehrers Physik trotz großen Interesses meinerseits nach der 11 abgewählt habe.