Stolz und Selbstwertgefühl

Axel Honneth beschreibt „Selbstwertgefühl“ als das „Selbstverhältnis“, das aus der Erfahrung von Solidarität als einer Anerkennungsform von dreien (Liebe und Respekt sind die anderen beiden, ihnen korrespondieren Selbstvertrauen und Selbstachtung) entsteht.

Jetzt frage ich mich, wie das in Beziehung zu der Emotion Stolz steht. Aus meiner Rezeption buddhistischer Philosophie heraus dachte ich jahrelang, „Stolz wurzelt im Ego.“, und dachte also, wenn ich stolz bin, ist das irgendwie schlecht oder sogar böse, eogoistisch eben. Die Buddhisten glauben außerdem, wie Arthur Schopenhauer, dass unser jeweiliges Ego über uns den „Schleier des Nichtwissens“ hängt und wir alle möglichen Täuschungen glauben, wenn wir egoistisch sind.

Gestern wurde mir dann klar, dass Stolz aber außerdem manchmal einfach gefährlich ist. Ich zum Beispiel überschätze mich aus Stolz oft und wundere mich dann, dass ich leide und wütend und traurig werde.

Aber das Wort Stolz kann sowohl als sprachliches Zeichen für die Emotion verwendet, die ich fühle, wenn ich etwas sehr Schwieriges geschafft habe, und mich selbst gut finde, also im Sinne von Selbstwertgefühl, und es kann auch als ein Wort für Selbstachtung gebraucht werden. Sich den Stolz zu verbieten ist deshalb destruktiv. „Stolz“ ist sozusagen ein unentfaltetes Wort, und eingefaltet darin sind Bedeutungsfacetten der zwei Begriffe „Selbstachtung“ und „Selbstwertgefühl“, die Honneth dann ausdifferenziert hat.

Bei Liebe und Selbstvertrauen ist es aber oft anders, ich liebe Menschen oft wegen und auch oft trotz ihres Scheiterns und ihrer Schwächen. Manchmal aber auch, wenn sie stolz sind und sich nichts befehlen lassen. Und ich werde auch oft wegen oder trotz meines Scheiterns geliebt.