Nachhaltipp: Vegane Milch leicht und schnell selbst machen

Du willst nicht immer Verpackungsmüll für Deine vegane Milch in Kauf nehmen? Du suchst eine praktische und schnelle Methode, vegane Milch für Deine heißen Getränken selbst zu machen?

Du kannst in einem Milchaufschäumer Wasser und Nuss- oder Mandelmus zu einer veganen Milch aufschäumen lassen. Ich nehme für einen veganen Cappuccino einen gestrichenen Esslöffel Bio-Haselnussmus. Das geht schnell, spart Energie und Du musst keine Tetrapacks oder Flaschen mehr kaufen. Das Nussmus ist konzentriert und ein großes Glas reicht für mehrere Liter Nussmilch. Du hast dann einen leckeren Nougat-Cappuccino. Haselnussmus hat allerdings etwas gröbere Bestandteile, die nicht ganz zermahlen sind, an die Konsistenz musst Du Dich vielleicht erstmal gewöhnen.

Mandelmus dagegen ist so fein gemahlen, dass Du eine homogene Mandelmilch daraus schäumen kannst. Besonders lecker: Matcha Pulver mit Wasser und einem Esslöffel Mandelmus zu einem Matcha aufschäumen. Die 60-70 Grad des Aufschäumers sind genau perfekt für diesen sehr gesunden Tee. Das ganze dauert eine Minute. Praktisch ist, einen Teelöfel unter den Esslöffel Mus zu halten, um das Mus ohne Tropfen in den Aufschäumer zu bugsieren.

Auch super: Milchaufschäumer mit Hafermilch und Bio-Kakaopulver und Zucker befüllen, in einer Minute ist deine schaumige heiße Schokolade fertig. Deliziös!

Spüle Deinen Aufschäumer nach dem Gebrauch mit heißem Wasser aus, lasse ihn regelmäßig mit Wasser laufen, um ihn zu spülen und reinige ihn regelmäßig. Dann hast Du länger was davon, weil sich keine Ablagerungen bilden, und Dein Matcha schmeckt nicht nach Kakao (und umgekehrt).

Meinen Milchaufschäumer habe ich auf dem Sperrmüll gefunden. Durch die Stromersparnis, weil er viel weniger braucht als eine Herdplatte, und die gesparten Produktionskosten hat die Methode dann eine super Ökobilanz. Gebraucht kaufen ist auch ok.

ReLOVEution now!

Leider ist der Sinn der oben stehenden Worte besonders für Menschen in institutionellen Bindungen schwer zu verstehen. Die Gründe dafür finden sich nicht in Axel Honneths „Das Recht der Freiheit“, es lohnt sich also in dieser Hinsicht nicht, die mehrere hundert Seiten lange Studie zu lesen. Wir entschuldigen uns für die Strapazen und verbleiben bis auf weiteres mit freu….

Solarpanels in den Hambacher Tagebau

Ich frage mich, ob es technisch möglich wäre, die Grubenwände vom Hambacher Tagebau so zu befestigen, dass man daran Solarpanels installieren kann.

Der Winkel von den Grubenwänden müsste eigentlich ziemlich perfekt auf den Einfallswinkel der Sonne ausgerichtet sein, zumindest an den Hängen, die nach Süden ausgerichtet sind.

Und da die Böschungen mehrere Stufen haben, die alle eigene Zufahrts- und Versorgungswege haben, könnte man die Panels auch gut warten.

Diese Grube ist so riesig und da wächst im Moment sowieso nichts, da kann man diese gigantischen Wände, wenn sie halt mal da sind, genausogut für regenerative Energien nutzen.

Hambi bleibt!

Am Samstag war ich einer von 50000 Leuten, die keine Lust auf Braunkohlebagger, aber Lust auf schönen Wald hatten.  Das Wetter war grandios, strahlender Sonnenschein und echt warm, das einzig Irritierende daran war, dass das Wetter nicht so richtig in den Oktober passte, es fühlte sich eher an wie Juli. Sollte es da einen Zusammenhang mit den CO2-Massen geben, die die vom Hambacher Forst aus am Horizont  sichtbaren Braunkohlekraftwerke in die Atmosphäre blasen? Nein, das ist natürlich die typische Panikmache von Ökofanatikern.

Es staubte dann und wann prächtig, wenn der Wind in die total ausgetrockneten Felder fuhr.  Es waren einige Bauern aus der Gegend mit ihren Traktoren zur Demo gekommen, die irgendetwas gegen die Klimaerwärmung zu haben scheinen, vielleicht, weil irgendein Problem für die Pflanzen bei Trockenheit entsteht. Was für Sensibelchen! Lasst die größte Landschaftsvernichtungsmaschine Westeuropas ruhig weiterlaufen, das mit der Dürre gibt sich schon.

Die Kundgebung war schön,  es kamen immer mehr Menschen und noch mehr Menschen über die Feldwege von mehreren Seiten auf den Platz. Wir haben an die inhaftierten Aktivist*innen gedacht, und alle haben sich über das Gerichtsurteil über den Rodungsstop gefreut.

(Die hier abgebildeten Aussagen geben nicht unbedingt die Meinung des Autors wieder. Ich wende mich zum Beispiel klar gegen den Einsatz von Laserschwertern zu politischen Zwecken, allein schon wegen des Energieverbrauchs. May the Forst be with you! )

Die Polizei hat nur da gestanden ohne Helme und Kontrollen, als sich irgendwann hunderte von Menschen auf den Weg in den Wald gemacht haben. Ein Polizist hat im Wald sogar „Hambi-bleibt“ mitgerufen.  Er hat dabei allerdings sehr belustigt ausgesehen, ich weiß nicht so recht, was ich davon halten soll. Der Hambi ist wunderschön, alte Buchen und Eichen stehen dort, mehrere hundert Jahre alt.  Die Menschen, die die Baumhausdörfer noch kannten, waren traurig und haben von den Räumungen erzählt.

RWE hat richtig gewütet und es waren große Plätze gerodet worden und Trassen in den Wald geschlagen, wahrscheinlich, um mit den Räumungsgeräten durchzukommen.

Bei der Stelle, wo Steffen abgestürzt und gestorben ist in Beechtown, war ich auch. Da waren alle sehr still und es standen viele Kerzen dort und ein Bild von Steffen erinnerte an ihn.

Und dann stand ich vor der Grube, das ist unfassbar: Ich musste nur die Augen aufmachen und wusste, was gut und was böse ist. Wann hast du das schon mal, dass das so eindeutig ist? Die Grube ist ein riesiger Krater, eine Wüstenlandschaft aus Sand und Steinen, in der sich gespenstisch die riesigen Bagger abzeichnen, super tief und bis zum Horizont lebt da nichts mehr, eine Wunde in der Erde.  Und dann schaust Du nach links  und siehst den Waldrand vom Hambi, da stehen die alten Bäume und Du denkst an Lorien und denkst nur:  Das gilt es zu verteidigen.

Und dann sind wir wieder gegangen und ich habe irgendwie viel mehr Kraft gehabt als vorher, die Kraft kam von den Liedern, die wir im Wald gesungen haben – „power to the people – the people have the power – getting stronger every hour“- und aus den vielen lächelnden Gesichtern der Menschen, die still im Wald waren, und aus dem Wald selbst und aus den Kinderstimmen, die „Hambi Hambi Hambi – bleibt-bleibt-bleibt“ gerufen haben.

Ich hoffe nur, die Bechsteinfledermäuse waren von den vielen Menschen nicht zu geschockt, die da durch ihren Wald gelatscht sind, denn diesen geflügelten Gefährt*innen haben wir zu einem Gutteil das Gerichtsurteil mit dem Rodungsstop zu verdanken.  Wie fühlt es sich wohl an, eine Fledermaus zu sein, unter deren Wohnung hunderte völlig entrückte Ökos wie ich  langspazieren?  Ich werde es nie wissen.  Hambi bleibt! Und die Rätsel auch.

 

 

 

Rohvegane Brombeertorte

Das ist die Spätsommervariante meines Kuchens. Den Boden machst Du wie in meinem rohveganen Mohnkuchen. (vorheriger Post)

Ebenso die Mandelcreme. Inzwischen raspele ich etwa 1/3 Cashews dazu. An Festtagen kannst Du mit Vanillepulver verfeinern. Die fertige Creme verstreichst Du auf dem Boden. Etwa 2 gehäufte Esslöffel der Mandelcashewcreme zweigst Du vorher ab, sie kommen in die Brombeercreme.

Die furiose Farbe der Brombeercreme lohnt allein schon die Herstellung, und der Geschmack erst recht. Du nimmst ca. 450 cl Brombeeren und pürierst sie zusammen mit der abgezweigten Mandelcashewcreme, Du kannst noch zusätzlich mit Ahornsirup süßen, wenn die Beeren sehr sauer sind.

Die Mandelcashewcreme gibt der Brombeercreme eine etwas festere Konsistenz. Aus irgendeinem Grund wird die Creme, wenn Du nach dem Pürieren 5 Minuten wartest, von alleine noch etwas fester. Sollten die Brombeeren sehr wässrig sein, kannst Du zusätzlich einen Trick anwenden und einen Teelöffel indische Flohsamenschalen hinzugeben, die quellen auf und festigen die Creme zusätzlich. Nicht zu viel nehmen, denn die regen durch das Quellen die Verdauung an und werden auch als Arzneimittel gegeben (nähere Infos im Internet).

Die Brombeercreme auf die Torte streichen und mit ganzen Brombeeren dekorieren, fertig ist die Laube.

Das Rezept habe ich auch mit Himbeeren und mit Blaubeeren getestet, geht auch, allerdings wird Himbeercreme nicht so fest und die Blaubeercreme oxidiert und ist dann farblich nicht so schön. Die Brombeeren bleiben einfach leuchtend lila, weil sie so viele Antioxidantien enthalten, und die sind nicht nur lecker, sondern auch verdammt gesund. Guten Appetit!

Rohveganer Mohnkuchen

Ich habe diesen deliziösen rohveganen Kuchen erfunden. Den Härtetest bestand er Ostern, als ich ihn meiner Familie kredenzte. Meine Mutter kommentierte meine Ankündigung des Kuchens so: Mein Vater sei in seiner Beamtenausbildung in den 70ern von seinen Kollegen für sein (völlig ernst gemeintes) geflügeltes Wort „Wenn ich Mett und Schinken habe, brauche ich keine Wurst“ bekannt gewesen.

Mir stand der Angstschweiß auf der Stirn. Tatsächlich fanden alle den Kuchen lecker, auch mein Vater. Daher kann ich jetzt selbstbewusst diese Schöpfung Zugehörigen fast aller Nahrungsreligionen weiterempfehlen. Und hier kommt das Rezept:

Du brauchst:

Hilfsmittel:

Mini-Springform 18 cm Durchmesser

1 Bogen Backpapier

Minna (oder eine andere Küchenmaschine/-raspel oder einen Pürierstab)

Mohnmühle (zur Not reicht eine Flockenquetsche)

2 Schüsseln oder Suppenteller

Gabel

Messbecher

Zutaten:

ca. 20 getrocknete Datteln

100 g Walnüsse

ca. 150 g Mandeln

ca. 150 g Mohn

ca. 50 ml Ahornsirup

ca. 50 ml Wasser

und ca. 45 Minuten Zeit

Und so gehts:

Zuerst machst Du den Teig für den Boden, er besteht aus Datteln und Walnüssen. Du entkernst die Datteln (ich schneide sie längs auf der einen Seite an und hole den Kern raus) und malst sie durch die Minna mit der feinsten Raspelscheibe. Da nicht jede*r eine Minna hat (was schade ist, denn die ist wirklich super und braucht keinen Strom): Es geht auch eine andere Küchenmaschine, es gibt auch Foodblogs, die einen Pürierstab für den Teig empfehlen, aber meiner hätte bei der zähen Masse fast die Biege gemacht und ist ungefähr 2000 Grad heiß geworden, woraufhin ich diese Variante verworfen habe.

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Nach den Datteln raspelst Du die Walnüsse fein. Dann knetest Du beides zusammen, bis es zu einem gleichmäßigen geschmeidigen Teig geworden ist.

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Den Teig kannst Du dann in zwei Teile zu 1/3 und 2/3 teilen, den großen Klumpen haust Du schön platt, bis er ungefähr den Durchmesser der Springform hat. Du kleidest die Springform mit dem Backpapier aus und streichst den Kuchenboden hinein. Dann machst Du kleine Rollen aus dem verbliebenen 1/3 Teig und formst daraus in der Springform eine Kuchenwand rundherum (etwa 5 cm hoch).

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Dann kommen die Beläge:

Zuerst machst Du die Mandelmasse. Dazu raspelst Du die Mandeln in der Minna klein. Dann mischst Du den Ahornsirup etwa 50/50 mit dem Wasser. (Das Mischungsverhältnis kannst Du nach Geschmack etwas verändern, wenn Du aber z.b. nur 100 ml Ahornsirup ohne Wasser nimmst, werden die Mandel- und die Mohnmasse sehr fest, das finde ich von der Konsistenz her nicht so lecker, und es wird dann auch sehr süß.)

Die Mandelraspeln vermengst Du dann mit der Gabel mit ca. 50 ml des verdünnten Ahornsirups. Zuerst habe ich immer gedacht, dass die Flüssigkeit nicht reicht und das ganze bröckelig und trocken bleibt, aber wenn Du eine Weile mit der Gabel die Mandelraspeln durch den Ahornsirup drückst, wirst Du sehen, dass die Flüssigkeit ausreicht, um eine gute Konsistenz zu erzielen, die die Form hält und nicht zu trocken und nicht zu flüssig wird.

Die fertige Mandelmasse streichst Du dann gleichmäßig als erste Schicht auf den Kuchenboden.

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Jetzt kommt der Clou: Die Mohnmasse.

Dazu ein kleiner Hinweis: Dies hier ist roher gemahlener Mohn. Auf der Packung Bio-Mohn, die ich immer in meinem Bioladen kaufe, steht, Du sollst nicht mehr als 20 Gramm rohen Mohn täglich essen. Das heißt, von diesem Kuchen solltest Du nicht mehr als 1/8 täglich essen. Laut einiger Internetseiten kann es sein, dass Du in einer Verkehrskontrolle bei einem Opiattest über den gesetzlich erlaubten Grenzwerten landest, weil Du zu viel von Deinem rohveganen Mohnkuchen intus hast. Ich kann das nicht beurteilen, weil ich noch nie einen solchen Test machen musste, und finde es auch ein bisschen absurd, da ja alle Zutaten frei verkäuflich sind, aber scheinbar sind mit großen Mengen rohem Mohn solche Risiken verbunden.

Zurück zum Rezept:

Du mahlst jetzt in der Mohnmühle ca. 150 g Mohnsaat. Wie Du siehts, nehme ich Blaumohn. Tatsächlich kenne ich keine gute technische Alternative zu einer Mohnmühle, ich habe es im Flocker probiert, aber die Körner werden so nur zur Hälfte gequetscht und die übrigen kommen unversehrt durch, dadurch hat man weniger intensiven Mohngeschmack. Mohnmühlen bekommst Du aber schon für ca. 60 Euro neu und für ca. 20 Euro gebraucht. Für mich hat sich der Kauf voll gelohnt. Die gemahlenen Mohnsamen vermengst Du dann mit der Gabel (diese vorher spülen, da die Mandelmasse sonst helle Flecken in der schwarz leuchtenden Mohnmasse bildet), bis eine feste Paste entsteht. Diese verteilst Du auf der Mandelmassenschicht gleichmäßig und verstreichst sie glatt.

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Zum Schluss biegst Du den überstehenden Steg der Kuchenwand aus Dattel-Walnussmasse über die Mohnschicht um, hebst den fertigen Kuchen mit dem Backpapier aus der Form und voila: Fertig ist die Laube.

Den Kuchen bewahre ich in einer Plastikdose im Kühlschrank auf. Mohn ist eine Ölsaat, und wenn er nicht erhitzt wird, beginnt gemahlener Mohn nach einiger Zeit, bitter und ranzig zu schmecken. Bei mir hält der Kuchen nie lange genug dazu, nach 8 Tagen ist meistens alles aufgegessen.

 

Die Autos, Kaffee und die Sehnsüchte

Vor ein paar Tagen fuhr ich mit meinem Fahrrad über eine Marburger Straße und da hatte ich plötzlich eine Idee, warum das Auto in Deutschland so eine immens große Rolle spielt: Ich glaube, dass viele Menschen sich in ihrem Leben als Sesshafte, in der Sicherheit ihres Alltags und in ihrem Haus, in der Routine ihres Jobs, in der Gemeinde ihres Heimatortes eingerichtet haben, aber insgeheim die Sehnsucht haben, einfach zu verschwinden und auf Reisen zu gehen, alles hinter sich zu lassen und alle Bindungen zu kappen.

Das würden sich die Menschen aber weder ein- noch zugestehen, und deshalb gibt es eine tiefe Kraft in ihnen, die sich gegen ihr sonst so klares Lebensgefühl stemmt. Um diese Kraft zu bändigen, kaufen sie sich ein Auto, weil das als Symbol die Synthese des Sicherheitsbedürfnisses und des Freiheitsbedürfnisses zu sein scheint. Es ist ein abgeschlossener, abgeschirmter Raum, wohltemperiert, mit Musik, und zugleich kann man damit von 0 auf hundert in wenigen Momenten beschelunigen und nach Timbuktu fahren, wenn man will.

Wenn ich mir manchmal Autowerbung in Magazinen oder im Fernsehen anschaue, dann bin ich oft überrascht, dass da ein einsames Auto durch wunderschöne Landschaften fährt, wobei unser Verkehrsalltag ja genau das Gegenteil davon ist, wir uns in einem riesen Wust von anderen Autos durch enge, laute Straßen bewegen. Ganz zu schweigen davon, dass unser Autofahren die großartigen natürlichen Landschaften zerstört, die dort in der Werbung gezeigt werden, indem durch sie Autobahnen gebaut werden und die Abgase die Ökosysteme zerstören.

Aber die Werbungsbilder sind natürlich Sehnsuchtsbilder, die so etwas ausdrücken wie den Wunsch, frei und naturverbunden zu leben, aber gleichzeitig den Wunsch, dabei nicht dauernd dem Nassen und Kalten der Natur ausgesetzt zu sein, am Ende noch richtig draußen zwischen Käfern, Mücken und Matsch. Ästhetisch gesehen ist auch der Kontrast zwischen modernem schnittigen Autodesign und der Naturlandschaft schick, weil die Landschaft erst die glänzende Kontur der Karosse so richtig zur Geltung bringt.

Man sagt, dass erst mit der Fähigkeit zu weitreichender Naturbeherrschung, etwa zur Zeit der Renaissance, abzulesen an Texten von Petrarca, die Natur als reines ästhetisches Objekt, als Gegenstand reinen Wohlgefallens, wahrgenommen werden konnte. Die Autowerbung drückt das im Prinzip aus, das Auto ist unsere technische Besucherkabine, in der wir das Museum der Natur besuchen und uns an ihm erfreuen wie an einem Bild von Caspar David Friedrich. So gesehen ist solche Autowerbung eine Feier unserer weitgehenden Entfremdung von der Natur und der ästhetischen Erfahrung, die diese Entfremdung möglich macht.

Irgendwie steckt aber noch eine Wahrheit über uns in den Bildern, nämlich dass wir einen Wunsch danach haben, alleine oder in kleinen Gruppen in der Natur zu sein, um zu uns und zur Ruhe zu kommen und frei zu sein, also die Entfremdung zu überwinden.

Also auf meinem Fahrrad ist es gerade meistens ziemlich kalt und nass, und ich hoffe, dass es jetzt mal bald wärmer wird. Ich habe aber einen riesigen Vorteil gegenüber den Autofahrenden: Wenn ich nach Hause komme, denke ich oft, wie gut ich es habe, eine schöne Wohnung zu haben, in der es warm und trocken ist. Und ich denke an die Menschen, wie die Geflüchteten in Griechenland und die Obdachlosen hier in Deutschland zum Beispiel, die ich manchmal unter den Brücken liegen sehe, unter denen meine Fahrradwege vorbeigehen, die alle dieses Glück nicht haben. Und deshalb fühle ich mich in meinem Alltag dann doch ziemlich wohl, obwohl er mich einengt. Ich würde mich noch wohler fühlen, wenn ich noch mehr spenden könnte an Menschen, die in Not sind, aber dazu reicht mein Geld gerade nicht. Ich frage mich, wie jemand dazu kommt, ein Auto für mehrere zehntausend Euro zu kaufen, während zugleich andere Leute hungern und frieren.

Gut, aber damit bin ich wieder bei meiner 1000 Euro teuren Kaffeemaschine, über die ich schon geschrieben habe, die rechtfertige ich ja auch damit, dass ich einen schwierigen und belastenden Job mache und dass ich, damit ich nicht zusammenklappe, mir auch mal was gönnen muss. Wahrscheinlich machen dass die Autofahrenden ganz genau so, nur in anderen Dimensionen.

Aber ich fühle mich ihnen gegenüber trotzdem in der moralisch überlegenen Position, weil ich wenigstens versuche, maßzuhalten und irgendwie eine stimmige Balance zwischen Lebensgenuss, Umweltschutz, Umweltverbrauch und sozialer Verantwortung zu basteln. Vielleicht ist meine Kaffeemaschine mein Symbol für das Gewicht des Lebensgenusses in meiner persönlichen Balance. Bei meinem jetzigen Spendenverhalten muss ich noch bis 2020 warten, bis ich mir das nächste Symbol für Lebensgenuss leiste, damit es einigermaßen fair ist. Mal sehen, ob ich das schaffe.

Was ist der Gegenbegriff zu Altruismus?

Egozentrik steht in wesentlich schrofferem Gegensatz zum Altruismus als Egoismus. Denn um egoistisch handeln zu können, benötige ich eine Vorstellung davon, was meine Interessen in einer sozialen Situation sind, und dazu brauche ich auch ein Konzept davon, was die anderen wollen und wie sie daraus folgend zu meinen Interessen stehen. Egoisten haben also notwendigerweise eine Vorstellung von Interessenkonstellationen und sowohl ihrer Position darin, als auch der Position der anderen.

Egozentrik heißt demgegenüber, gar kein Bewusstsein davon zu haben, dass andere überhaupt Interessen und Wünsche haben, und kein Konzept davon, wie sie zu meinen Interessen stehen. Dem Egozentriker fehlt also schon die Reflexivität, die er braucht, um auf die Interessen anderer Rücksicht nehmen zu können. Der Egoist hat diese Reflexivität, er entscheidet sich nur dazu, seine Interessen an erste Stelle zu setzen. Das heißt aber nicht, dass er in einem Lernprozess im Verlaufe der Aushandlungsprozesse, die er zwecks Verwirklichung der eigenen Interessen anstrengt, nicht zu einer Form von Altruismus kommen kann. Die moralische Verdammung egoistischer Handlungsweisen folgt allein aus der Empörung über die bewusste Wahl, die der Priorisierung meiner eigenen Interessen zugrunde liegt. Aber diese bewusste Wahl ist ein notwendiger Zwischenschritt zu einem reflektierten Altruismus. Aus der Egozentrik aber führt keine ihr inhärente innere Logik zu einem solchen reflektierten Altruismus.

Reziproke Resonanz: Zu einem postkapitalistischen Narrativ der Liebe

Ich lese gerade „Gefühle in Zeiten des Kapitalismus“ von Eva Illouz. Illouz analysiert darin, wie der Feminismus und der therapeutische Diskurs der Psychologie die Gefühle, insbesondere die in Liebesbeziehungen, verändert haben. Illouz zufolge wurden beide Strömungen unter anderem insofern einflussreich, dass sie durchsetzten, dass Liebesbeziehungen heute auch Orte von Verhandlungen sind, Verhandlungen zwischen gleichberechtigten Partner*innen über die Werte, die in der Beziehung gelten und beachtet werden sollen. Paradoxerweise hat der Feminismus als ein eigentlich kritischer Diskurs so Praxisformen und Diskursformen des Kapitalismus (die Idee, dass alle Werte auf Märkten durch Verhandlungen erzeugt werden, ist kapitalistischen Ursprungs) ) auf die Liebesbeziehungen und die Gefühle ausgedehnt.

Ich habe mit einer Freundin, die mir das Buch empfohlen hatte, über diese Thesen diskutiert und wir sind beide der Meinung, dass das 1. stimmt, aber 2. nicht aus lauter Antikapitalismus jetzt feministisch aufgeklärte Liebesbeziehungen abgelehnt werden dürfen, sondern wir brauchen 3. ein neues Narrativ, dass die Fortschritte, die in dem Verhandlungsmodell der Liebesbeziehung stecken, erhält, und so transformiert, dass die Beziehung zwar gleichberechtigt bleibt, aber keine absolute Marktbeziehung mit einer ausschließlich ökonomischen Struktur wird.

Ich habe jetzt die Idee, dass dieses neue Narrativ um die Idee von reziproker Resonanz als Fundament von Liebesbeziehungen gruppiert werden kann. Damit meine ich, dass die Liebesbeziehung zwar wie eine Marktbeziehung eine Art wechselseitiger, freiwillig eingegangener Vertrag ist, der in Verhandlungen entsteht. Gleichzeitig sollten diese Verhandlungen aber nicht illusorischerweise auf objektiv gedachte Werte, die sozusagen die Verhandlungsmasse und die Substanz des Vertragsergebnisses darstellen, gerichtet sein. Stattdessen kann eine Liebesbeziehung als eine Beziehung gesehen werden, in der die beteiligten Personen eine sich reziprok verstärkende Resonanz von Gedanken, Äußerungen, Gefühlen und Praxisformen erleben können. Resonanz verwende ich hier als Metapher, die ich so verstehe: Menschen sind leiblich-emotional-geistige Wesen, diese Ebenen erzeugen einen komplexen Resonanzraum, wie der Korpus eines Musikinstruments kann dieser Raum Schwingungen bestimmter Tonhöhe, die die andere Person aussendet, aufnehmen und verstärken, wobei sich auch der Charakter der Schwingungen vermittelt durch die individuelle Resonanz verändert. Liebe erscheint mir also als die Kunst, die komplexe Resonanzfähigkeit von zwei oder mehr Menschen so zu harmonisieren, dass die Schwingungen reziprok hin- und hergespielt werden und dabei etwas neues entsteht.

Die Resonanzmetapher verhindert, dass wir Liebe verdinglichen, wie es die rein kapitalistische Metapher der Marktbeziehung tut. Weder erzeugt Resonanz Liebe, die dann wie ein Gegenstand zwischen den Verhandlungspartnern steht und per Vertrag gerecht aufgeteilt wird, noch hat Liebe eine Dauer, die irgendwie von der Resonanzpraxis und den Resonanzerlebnissen unabhängig und trennbar wäre, noch lässt sich Liebe, die wir fundiert auf reziproke Resonanz denken, auf zwei Personen isolieren, weil sie immer ein wenig ausstrahlt. Gleichzeitig gibt uns die Metapher auch ein Bild dafür, dass die Reziprozität einer solchen Beziehung nie perfekt symmetrisch sein wird, wie es das Ideal einer Marktbeziehung suggeriert, weil ein Mensch auf leiblicher, emotionaler und geistiger Ebene immer ein einzigartiges Mitschwingen erzeugen wird, dass nie symmetrisch gespiegelt werden kann, weil die Resonanz die Schwingung auf je eigene Art verändern wird. Und gerade diese Unfähigkeit zu Symmetrie bedroht einerseits die Dauerhaftigkeit der Beziehung und ermöglicht andererseits überhaupt das Spiel der Resonanzen.

Die Moralpoeten, Richard David Precht und Schotti, der Tatortreiniger

Heute wettert Peter Unfried in der Taz gegen die „Moralpoesie von Schülersprechern“ bei den Bundesgrünen und lobt die pragmatische Politik der Landesgrünen, die in 11 Bundesländern an der Regierung beteiligt sind.

Er zitiert Precht, um die Absurdität der „Moralpoesie“ der Bundesgrünen zu beweisen, mit folgender fiktiven Situation aus Prechts „Tiere denken“: Ein Vegetarier wird von jemandem vor die Wahl gestellt, entweder ein Huhn zu essen, oder er töte noch ein zweites. Unfried meint, die bundesgrünen „Moralpoeten“ würden absurderweise aus Gesinnungstreue das zweite Huhn auch noch sterben lassen, statt pragmatisch wie die vertrauensvollen Landesgrünen eben in den sauren Apfel, sorry, ich meine in das Huhn, zu beißen.

Nun bin ich Pescetarier, wenn man mir einen Fisch anbieten würde, würde ich den also essen, das Huhn aber nicht. Die Trennlinie, die ich in meiner Ernährung ziehe, ist allerdings offensichtlich so willkürlich, dass ich mich nicht überwinden kann, andere zu missionieren und auch überzeugen zu wollen, es mir gleich zu tun. Ich bin, was Ernährung angeht, also ziemlich liberal eingestellt. Allerdings habe ich etwas gegen Erpressung: Und der Mensch mit dem Geiselhuhn erpresst offensichtlich die Vegetarier*in in dem Beispiel von Precht.

Wie viel menschenfreundlicher ist doch da Schotti, der Tatortreiniger: In einer Folge bietet er einer Veganerin, die sich von ihrem Freund, den sie noch liebt, getrennt hat, weil er heimlich Schnitzel gefressen hat, folgenden Deal an: Sie gibt ihrem Exfreund noch eine Chance, dafür verspricht ihr Schotti, 14 Tage im kommenden Jahr auf Fleisch zu verzichten, obwohl er selbst normalerweise 2x am Tag Fleisch isst. Das würde 14 heimliche Schnitzeltage des fleischessenden Freundes ausgleichen.

Man muss kein Schülersprecher sein, um in der von Precht konstruierten Situation die Unmoral zu identifizieren: Wer anderen keinen Ausweg lässt, als sich gemessen an ihren eigenen Normen entweder schuldig oder noch schuldiger zu machen, der agiert böse. Anstatt die moralpoetischen Schülersprecher anzugreifen, sollte Unfried lieber fordern, dass es mehr Schottis und weniger hühnermordende Erpresser auf dieser Welt geben soll. Und ich lege noch einen drauf: Falls das hier ein hühnermordender Erpresser liest, biete ich ihm jetzt in die Hand an: Verzichten Sie auf die nächste Erpressung einer Vegetarier*in durch Hühnermord, und ich biete ihnen an, an zusätzlichen 14 Tagen im nächsten Jahr auf Fisch zu verzichten.