Mein Streik gegen die Revolution

Warum exportiert die spanische Wirtschaft Wasser in Form von Obst und Gemüse, wenn Wasser dort immer knapper wird? Nach der klassischen ökonomischen Theorie der komparativen Kostenvorteile von David Ricardo dürfte das unter Freihandelsbedingungen gar nicht passieren. Produziert werden müsste in Spanien nach dieser Theorie das, was dort am kostengünstigsten herstellbar ist – und Knappheit bedeutet normalerweise Kostensteigerungen.

Gleichzeitig fallen in Deutschland überall Massen von Äpfeln und Birnen von Obstbäumen und verfaulen auf dem Boden – während in deutschen Supermärkten ebenso massenweise Äpfel und Birnen gekauft werden, die aus Neuseeland quer über den Globus transportiert wurden. Was läuft falsch in den ökonomischen Systemen, so dass sie sich solche Ressourcenverschwendung leisten?

Ich könnte jetzt sehr leicht auf den Kapitalismus und seinen Wahnsinn schimpfen, aber ich bin dessen müde, weil eh die meisten Menschen nicht mehr zuhören, wenn wir Linken das tun. Deshalb versuche ich eine andere Erklärung des Problems.

Ich verwende dafür eine Kernidee der Systemtheorie des konservativen Soziologen Niklas Luhmanns. Danach ist das Wirtschaftssystem ein Funktionssystem der Gesellschaft, das autopoeitisch und selbstreferentiell ist. Das bedeutet, dass es sich von seiner Umwelt abgrenzt und sich nach außen schließt, indem es zur Kommunikation einen Code verwendet, der allen Informationsfluss von außen unterbricht, der für die Funktionsweise des Systems egal ist. Dieser Code unterscheidet nur Zahlung und Nichtzahlung. Alles, was nicht in diesem Code im Medium Geld kommuniziert werden kann, ist für das Wirtschaftssystem irrelevant und hat erstmal keine Effekte auf seine Prozesse.

Im konkreten Beispiel bedeutet das, dass es für die Firmen in Spanien nicht beobachtbar ist, ob die Wasserressourcen übernutzt werden, solange Wasser nicht wesentlich teurer wird. In Deutschland passiert dasselbe: Die Verbraucher*innen in der deutschen Ökonomie können in ihrer Rolle als Konsument*innen die Sinnlosigkeit davon nicht wahrnehmen, dass die Äpfel von den deutschen Bäumen vergammeln, solange es teurer ist, Arbeitszeit zum Äpfelsammeln zu verwenden, als aus Neuseeland herangeschiffte Äpfel im Supermarkt zu kaufen.

Das Wirtschaftssystem ist also so selbstbezogen und nach außen geschlossen, dass es zu seiner Umwelt, den Ökosystemen der Welt, keine direkten Kommunikationsbeziehungen mehr haben kann. Nach Luhmann muss es sich aber an die Umwelt anpassen, um sich zu erhalten. Dazu verwendet es strukturelle Kopplungen. Das bedeutet, irgendwie muss es, wenn die Informationen über Wasserknappheit schon nicht in den Preisen rechtzeitig und deutlich genug ausgedrückt werden, so dass es seine Strukturen dementsprechend verändern kann, trotzdem die Umweltinformationen verarbeiten.

Ich glaube, dass wissenschaftliche Organisationen wie der IPCC gerade genau das versuchen: Sie versuchen, das Wirtschaftssystem strukturell mit den Ökosystemen zu koppeln, indem sie die Ökonomie sensibel für die Knappheiten macht, die gerade entstehen, ohne dass sich das schnell genug in Kostensteigerungen und Preisen zum Beispiel für Wasser bemerkbar macht. Zu langsam ist dies, weil die globale Ökonomie der Menschen einen historisch einmaligen Grad an Macht über die Ökosysteme aufgebaut hat, gleichzeitig aber eine solche Trägheit in ihren Grundstrukturen, zum Beispiel der fossilen Energieinfrastruktur, dass sie Zerstörungen der Ökosysteme nicht rechtzeitig aufhält, bevor sie zu irreversiblen Knappheiten von Wasser und anderen Gütern führen.

Wenn die Wissenschaft planetare Belastungsgrenzen berechnet (die zum Beispiel bei der Umnutzung von Land und der Biodiversität schon weit überschritten sind), dann versucht es, Informationen in das geschlossene Wirtschaftssystem einzuschleusen, damit es sich an die Umwelt anpassen kann, so dass Wasser als grundlegende Ressource auch weiter zur Verfügung steht und das System sich nicht selbst zerstört. Das nennt Luhmann dann strukturelle Kopplung.

Auch das politische System versucht, in das Wirtschaftssystem solche Kopplungen einzubauen, zum Beispiel durch den Handel mit Emissionszertifikaten. Der Ausstoß von CO2 ist nämlich erstmal für die Wirtschaft gar nicht beobachtbar gewesen, weil er nichts gekostet hat: Die Atomsphäre konnte jahrhundertelang als Senke für die Abgase der Wirtschaft fast kostenlos genutzt werden, sie war eine Allmende – ein Gemeingut. Jetzt versucht die Politik, die Wirtschaft ausreichend darüber zu informieren, dass diese Allmende schon lange übernutzt ist. Sie versucht durch die Zertifikate die Schäden, die die Übernutzung verursacht, in den Code Zahlung-Nichtzahlung zu übersetzen, so dass das Wirtschaftssystem sie auch beobachten und darauf reagieren kann.

Organisationen, die von innen aus dem ökonomischen System selbst heraus ähnliche Kopplungen aufbauen, sind die großen Rückversicherungskonzerne wie die Münchener Rück, die schon seit Jahren warnen, weil die mit der Klimakrise verbunden ökonomischen Risiken etwa durch Dürren, Überschwemmungen und Stürme zu unberechenbar werden, um sich dagegen noch solide und zu einem akzeptablen Preis versichern zu können.

Leider gibt es daneben andere strukturelle Kopplungen des Wirtschaftssystems, die diese Versuche der Krisenbewältigung torpedieren, indem sie in genau die entgegengesetzte Richtung zielen: Das Wirtschaftssystem ist nach Luhmanns Theorie nicht nur umgeben von der Umwelt der planetaren Ökosysteme, sondern wir Menschen sind für das ökonomische System auch Umwelt. Luhmann interpretiert uns Menschen als „psychische Systeme“, und als solche sind wir Umwelt für das Wirtschaftssystem.

Das Wirtschaftssystem arbeitet nun schon lange und sehr erfolgreich daran, uns als psychische Systeme strukturell mit ihm zu koppeln, zum Beispiel mithilfe von Werbung, Arbeit und Mythen. Ein aktueller Mythos ist der Mythos von der Elektromoblität. Der Mythos sagt: Wir können mit Hilfe von E-Autos weiter so unbegrenzt mobil sein wie bisher, ohne unsere Lebensgrundlagen zu zerstören. Wir können unsere Lebensgewohnheiten einfach beibehalten, ohne die Krise der Knappheit zu verschärfen. Ein Mythos ist das deshalb, weil diese Erzählung wichtige Aspekte der Wirklichkeit ausblendet: Klimaerhitzung durch Treibhausgase stößt nur an eine der vielen planetaren Belastungsgrenzen. Elektromoblität bedeutet weitere Umnutzung von Land durch Lithiumabbau, Energieverbrauch und Emissionen durch Produktion neuer Autos und E-Bikes und weitere Straßen und Versiegelung von Boden und Erzeugung von giftigem Müll. Das sind alles Gründe für das Artensterben, eine Krise, die genauso bedrohlich für unser Überleben als Zivilisation ist, wie die Erderhitzung.

Soviel zum Mythos der Elektromobilität, der auch Menschen frisch mit dem Wirtschaftssystem koppelt, die schon Zweifel bekommen hatten, ob das alles so gut läuft. Was aber ist gefährlich an der Art, wie wir Arbeit definieren, und wie koppelt sie uns mit dem ökonomischen System? In Deutschland ist Arbeit, eingeengt verstanden als Erwerbsarbeit, mit der im Gegensatz zur häuslichen Sorge-Arbeit Geld verdient wird, ein so integraler Bestandteil des Selbstbildes, der sozialen Wertschätzung und der Selbstdefinition von Personen, dass die meisten Menschen durch ihre Arbeit fest an das Wirtschaftssystem gekoppelt sind.

Als ich beim letzten Klimastreik auf der Raddemo über die Marburger Stadtautobahn fuhr, brüllte uns jemand aus einem vorbeirasenden Auto von der Gegenfahrbahn aus zu: „Geht arbeiten!“. Das war in meinem Fall einigermaßen absurd, weil ich an dem Freitag aus einer vollen Arbeitswoche kam und an meinem ersten freien Nachmittag versucht habe, das Wirtschaftssystem mit der natürlichen Umwelt strukturell zu koppeln. Vor mir fuhr ein weißhaariger Mann auf der Raddemo und sagte dazu: Ich habe Jahrzehnte gearbeitet, ich habe meinen Teil getan.

Die Szene ist leider ein guter Indikator dafür, dass bei dem brüllenden Autofahrer die Kopplung seines psychischen Systems mit dem Wirtschaftssystem so fest ist, dass er Forderungen nach Veränderungen des Wirtschaftssystems, in diesem Fall der Mobilität, als Forderungen nach Veränderung seiner eigenen Psyche erlebt: Eine Kritik an der Autoökonomie erscheint ihm deshalb als Angriff auf seine eigene Integrität als Person. Das Auto, das er fährt, ist so gesehen viel mehr als ein Gegenstand, den er als Instrument seiner Mobilität verwendet: Es ist eine weitere Kopplung (neben seiner Erwerbsarbeit), die sein Körper und seine Psyche mit dem Wirtschaftssystem eingegangen sind. Erwerbsarbeit und Autobesitz sind außerdem zwei Kopplungen, die ineinander verschränkt sind: Viele brauchen ihr Auto, um zur Arbeit zu kommen, und brauchen umgekehrt das Erwerbseinkommen, um sich ein Auto leisten zu können.

Wieso finde ich diese Struktur absurd? Das sind doch erstmal Notwendigkeiten der Lebensrealität. Ich finde sie absurd, weil wir Menschen alle auch Lebewesen und durch unsere Körper Teil der Ökosysteme dieser Welt sind. Wir sind zum Beispiel durch Atmung und Ernährung mit allen anderen Lebewesen auf dem Planeten strukturell gekoppelt. Die strukturellen Kopplungen mit dem Wirtschaftssystem, die sich durch Mythen, Erwerbsarbeit und Autobesitz bilden, scheinen bei vielen Menschen aber so stark zu sein, dass sie nicht mehr wahrnehmen, dass Atmen, Trinken und Essen für ihre psychische und körperliche Integrität und diejenige ihrer Kinder und Enkel wichtiger sind als ihr Auto und der Benzinpreis. Die CDU plakatiert hier in Marburg: „Autofahren verbieten verboten“ gegen die sehr gute rot-grün-grüne Verkehrsreform Move 35. Die Marburger CDU ist damit nicht mehr konservativ, sondern eine revolutionäre Partei, weil sie mit Macht daran arbeitet, die Verbindung der Menschen mit der Biosphäre, die uns hervorgebracht hat und am Leben erhält, durch Kopplungen der Menschen mit einem Wirtschaftssystem zu ersetzen, das alle planetaren Grenzen zu sprengen und alle Verhältnisse, in denen die Menschen noch atmende, fühlende und in ihre Welt eingebettete Wesen sind, umzustoßen droht.

Das bedeutet: Um die Dürre in Spanien und die Verschwendung von gutem Essen in Deutschland zu stoppen, müssen wir nicht nur das Wirtschaftssystem mit der natürlichen Umwelt durch Klimaberichte und Emissionszertifikate strukturell koppeln, sondern wir müssen auch unsere psychischen Systeme vom Wirtschaftssystem aktiv entkoppeln. Ich versuche das, indem ich in Teilzeit arbeite, so auf Einkommen verzichte und Zeit gewinne, um auf Raddemos für die Verkehrswende zu fahren und mit meinem M-Bike (ich fahre eines dieser altmodischen Räder ohne Elektromotor) in meinen Radtaschen Äpfel und Birnen hier im Marburger Umland zu sammeln und dann zu verschenken. Entkopplung ist machbar, Herr Nachbar!

Nachhaltipp: Vegane Milch leicht und schnell selbst machen

Du willst nicht immer Verpackungsmüll für Deine vegane Milch in Kauf nehmen? Du suchst eine praktische und schnelle Methode, vegane Milch für Deine heißen Getränken selbst zu machen?

Du kannst in einem Milchaufschäumer Wasser und Nuss- oder Mandelmus zu einer veganen Milch aufschäumen lassen. Ich nehme für einen veganen Cappuccino einen gestrichenen Esslöffel Bio-Haselnussmus. Das geht schnell, spart Energie und Du musst keine Tetrapacks oder Flaschen mehr kaufen. Das Nussmus ist konzentriert und ein großes Glas reicht für mehrere Liter Nussmilch. Du hast dann einen leckeren Nougat-Cappuccino. Haselnussmus hat allerdings etwas gröbere Bestandteile, die nicht ganz zermahlen sind, an die Konsistenz musst Du Dich vielleicht erstmal gewöhnen.

Mandelmus dagegen ist so fein gemahlen, dass Du eine homogene Mandelmilch daraus schäumen kannst. Besonders lecker: Matcha Pulver mit Wasser und einem Esslöffel Mandelmus zu einem Matcha aufschäumen. Die 60-70 Grad des Aufschäumers sind genau perfekt für diesen sehr gesunden Tee. Das ganze dauert eine Minute. Praktisch ist, einen Teelöfel unter den Esslöffel Mus zu halten, um das Mus ohne Tropfen in den Aufschäumer zu bugsieren.

Auch super: Milchaufschäumer mit Hafermilch und Bio-Kakaopulver und Zucker befüllen, in einer Minute ist deine schaumige heiße Schokolade fertig. Deliziös!

Spüle Deinen Aufschäumer nach dem Gebrauch mit heißem Wasser aus, lasse ihn regelmäßig mit Wasser laufen, um ihn zu spülen und reinige ihn regelmäßig. Dann hast Du länger was davon, weil sich keine Ablagerungen bilden, und Dein Matcha schmeckt nicht nach Kakao (und umgekehrt).

Meinen Milchaufschäumer habe ich auf dem Sperrmüll gefunden. Durch die Stromersparnis, weil er viel weniger braucht als eine Herdplatte, und die gesparten Produktionskosten hat die Methode dann eine super Ökobilanz. Gebraucht kaufen ist auch ok.

Solarpanels in den Hambacher Tagebau

Ich frage mich, ob es technisch möglich wäre, die Grubenwände vom Hambacher Tagebau so zu befestigen, dass man daran Solarpanels installieren kann.

Der Winkel von den Grubenwänden müsste eigentlich ziemlich perfekt auf den Einfallswinkel der Sonne ausgerichtet sein, zumindest an den Hängen, die nach Süden ausgerichtet sind.

Und da die Böschungen mehrere Stufen haben, die alle eigene Zufahrts- und Versorgungswege haben, könnte man die Panels auch gut warten.

Diese Grube ist so riesig und da wächst im Moment sowieso nichts, da kann man diese gigantischen Wände, wenn sie halt mal da sind, genausogut für regenerative Energien nutzen.

Rohveganer Mohnkuchen

Ich habe diesen deliziösen rohveganen Kuchen erfunden. Den Härtetest bestand er Ostern, als ich ihn meiner Familie kredenzte. Meine Mutter kommentierte meine Ankündigung des Kuchens so: Mein Vater sei in seiner Beamtenausbildung in den 70ern von seinen Kollegen für sein (völlig ernst gemeintes) geflügeltes Wort „Wenn ich Mett und Schinken habe, brauche ich keine Wurst“ bekannt gewesen.

Mir stand der Angstschweiß auf der Stirn. Tatsächlich fanden alle den Kuchen lecker, auch mein Vater. Daher kann ich jetzt selbstbewusst diese Schöpfung Zugehörigen fast aller Nahrungsreligionen weiterempfehlen. Und hier kommt das Rezept:

Du brauchst:

Hilfsmittel:

Mini-Springform 18 cm Durchmesser

1 Bogen Backpapier

Minna (oder eine andere Küchenmaschine/-raspel oder einen Pürierstab)

Mohnmühle (zur Not reicht eine Flockenquetsche)

2 Schüsseln oder Suppenteller

Gabel

Messbecher

Zutaten:

ca. 20 getrocknete Datteln

100 g Walnüsse

ca. 150 g Mandeln

ca. 150 g Mohn

ca. 50 ml Ahornsirup

ca. 50 ml Wasser

und ca. 45 Minuten Zeit

Und so gehts:

Zuerst machst Du den Teig für den Boden, er besteht aus Datteln und Walnüssen. Du entkernst die Datteln (ich schneide sie längs auf der einen Seite an und hole den Kern raus) und malst sie durch die Minna mit der feinsten Raspelscheibe. Da nicht jede*r eine Minna hat (was schade ist, denn die ist wirklich super und braucht keinen Strom): Es geht auch eine andere Küchenmaschine, es gibt auch Foodblogs, die einen Pürierstab für den Teig empfehlen, aber meiner hätte bei der zähen Masse fast die Biege gemacht und ist ungefähr 2000 Grad heiß geworden, woraufhin ich diese Variante verworfen habe.

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Nach den Datteln raspelst Du die Walnüsse fein. Dann knetest Du beides zusammen, bis es zu einem gleichmäßigen geschmeidigen Teig geworden ist.

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Den Teig kannst Du dann in zwei Teile zu 1/3 und 2/3 teilen, den großen Klumpen haust Du schön platt, bis er ungefähr den Durchmesser der Springform hat. Du kleidest die Springform mit dem Backpapier aus und streichst den Kuchenboden hinein. Dann machst Du kleine Rollen aus dem verbliebenen 1/3 Teig und formst daraus in der Springform eine Kuchenwand rundherum (etwa 5 cm hoch).

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Dann kommen die Beläge:

Zuerst machst Du die Mandelmasse. Dazu raspelst Du die Mandeln in der Minna klein. Dann mischst Du den Ahornsirup etwa 50/50 mit dem Wasser. (Das Mischungsverhältnis kannst Du nach Geschmack etwas verändern, wenn Du aber z.b. nur 100 ml Ahornsirup ohne Wasser nimmst, werden die Mandel- und die Mohnmasse sehr fest, das finde ich von der Konsistenz her nicht so lecker, und es wird dann auch sehr süß.)

Die Mandelraspeln vermengst Du dann mit der Gabel mit ca. 50 ml des verdünnten Ahornsirups. Zuerst habe ich immer gedacht, dass die Flüssigkeit nicht reicht und das ganze bröckelig und trocken bleibt, aber wenn Du eine Weile mit der Gabel die Mandelraspeln durch den Ahornsirup drückst, wirst Du sehen, dass die Flüssigkeit ausreicht, um eine gute Konsistenz zu erzielen, die die Form hält und nicht zu trocken und nicht zu flüssig wird.

Die fertige Mandelmasse streichst Du dann gleichmäßig als erste Schicht auf den Kuchenboden.

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Jetzt kommt der Clou: Die Mohnmasse.

Dazu ein kleiner Hinweis: Dies hier ist roher gemahlener Mohn. Auf der Packung Bio-Mohn, die ich immer in meinem Bioladen kaufe, steht, Du sollst nicht mehr als 20 Gramm rohen Mohn täglich essen. Das heißt, von diesem Kuchen solltest Du nicht mehr als 1/8 täglich essen. Laut einiger Internetseiten kann es sein, dass Du in einer Verkehrskontrolle bei einem Opiattest über den gesetzlich erlaubten Grenzwerten landest, weil Du zu viel von Deinem rohveganen Mohnkuchen intus hast. Ich kann das nicht beurteilen, weil ich noch nie einen solchen Test machen musste, und finde es auch ein bisschen absurd, da ja alle Zutaten frei verkäuflich sind, aber scheinbar sind mit großen Mengen rohem Mohn solche Risiken verbunden.

Zurück zum Rezept:

Du mahlst jetzt in der Mohnmühle ca. 150 g Mohnsaat. Wie Du siehts, nehme ich Blaumohn. Tatsächlich kenne ich keine gute technische Alternative zu einer Mohnmühle, ich habe es im Flocker probiert, aber die Körner werden so nur zur Hälfte gequetscht und die übrigen kommen unversehrt durch, dadurch hat man weniger intensiven Mohngeschmack. Mohnmühlen bekommst Du aber schon für ca. 60 Euro neu und für ca. 20 Euro gebraucht. Für mich hat sich der Kauf voll gelohnt. Die gemahlenen Mohnsamen vermengst Du dann mit der Gabel (diese vorher spülen, da die Mandelmasse sonst helle Flecken in der schwarz leuchtenden Mohnmasse bildet), bis eine feste Paste entsteht. Diese verteilst Du auf der Mandelmassenschicht gleichmäßig und verstreichst sie glatt.

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Zum Schluss biegst Du den überstehenden Steg der Kuchenwand aus Dattel-Walnussmasse über die Mohnschicht um, hebst den fertigen Kuchen mit dem Backpapier aus der Form und voila: Fertig ist die Laube.

Den Kuchen bewahre ich in einer Plastikdose im Kühlschrank auf. Mohn ist eine Ölsaat, und wenn er nicht erhitzt wird, beginnt gemahlener Mohn nach einiger Zeit, bitter und ranzig zu schmecken. Bei mir hält der Kuchen nie lange genug dazu, nach 8 Tagen ist meistens alles aufgegessen.

 

Ein neues Wort

Mir ist heute morgen beim Meditieren mal wieder ein neues Wort eingefallen. Das Wort heißt „Entwürdigungszusammenhang“. Mark Twain hätte sich aufgrund des typisch deutschen Bandwurmwortcharakters meiner Neuschöpfung vermutlich wieder mal gekringelt vor Lachen. Aber ich finde mein neues Wort sehr nützlich. Man kann es nämlich verwenden, um folgendes zu benennen: Ich habe beobachtet, dass ich und viele andere Menschen sich oft in sozialen Zusammenhängen finden, in denen zwar niemand sie direkt und aktiv und bewusst entwürdigt, wie das zum Beispiel bei der Diskriminierung durch Naziskins, die Syrer*innen beleidigen und verletzen, der Fall ist. Trotzdem sind die Zusammenhänge oft so, dass Personen ihre Würde genommen wird, ohne dass das jemand eigentlich will. Der Sachbearbeiter auf dem Arbeitsamt, der jemandem seine Hartz IV Bezüge kürzt, weil ein Termin vergessen wurde. Die Ärzt*in, die eine psychisch kranke Patient*in in einer Klinik zu einem Drogenscreening zwingt. Die Lehrer*in, die eine Schüler*in vor der ganzen Klasse wegen eines Fehlers korrigiert. In allen diesen Zusammenhängen gibt es keinen direkt Beteiligten, der jemanden entwürdigen möchte. Und trotzdem werden in diesen Situationen dauernd Menschen entwürdigt.

Der Grund für diese Tatsache ist eben der Entwürdigungszusammenhang: Er ist das praktische Pendant zu Adornos „Verblendungszusammenhang“. Dieser sorgt laut Adorno dafür, dass Menschen die soziale Wirklichkeit nicht erkennen, weil sie durch systematische ideologische Verzerrung den Blick dafür verlieren. Etwas ähnliches gibt es aber auch in der Praxis des menschlichen Zusammenlebens. Das bezeichne ich als Entwürdigungszusammenhang. Der Entwürdigungszusammenhang ist komplex, er besteht aus Normen, Gesetzen, sozialen Regeln für richtig und falsch, bestimmten Begriffen und Worten und ist in die Grammatik unserer Sprache eingebaut. Er durchdringt die Architektur unserer Gebäude, die Bräuche und die Kultur. Er strukturiert Situationen, schon bevor Menschen sich in diesen Situationen zueinander verhalten müssen. Er zwingt uns täglich, Dinge zu tun und zu sagen, die wir nicht sagen und tun möchten.

Nieder mit dem Entwürdigungszusammenhang! Wir brauchen dazu kreative Lösungen. In der Schule zum Beispiel lasse ich Fehler oft unkommentiert erstmal stehen und lasse den Kurs weiter diskutieren, bis die Schüler*innen den Fehler selbst korrigieren. Dann lobe ich das und fasse alles zusammen (ohne den Fehler!). Die Sachbearbeiter beim Arbeitsamt und die Ärzt*innen können sicher ähnliche Strategien berichten, die sie täglich anwenden. Mehr davon! Schrauben wir den blöden Entwürdigungszusammenhang langsam und Stück für Stück auseinander, bis nur noch ein Wust unzusammenhängender Elemente alten Schrotts davon übrig ist.

Angewandte Labyrinthik

Im Moment erscheint mir diese Welt wie ein relativ großes Labyrinth. Ich weiß morgens meistens nicht genau, wo ich abends rauskommen. Um mich besser orientieren zu können, habe ich die „angewandte Labyrinthik“ entwickelt. Das ist eine methode, anhand derer man sich in seinem Tag zurechtfinden kann.

Es funktioniert so: Verwende die folgenden regeln, allerdings nicht immer.

1. Misstraue Autoritäten.

2. Gebe Autoritäten, wenn Sie Dich zwingen wollen, nur nach, wenn Du keine andere Möglichkeit findest.

4. Denke immer daran: Die Macht ist nicht mit Dir. jedenfalls meistens nicht. dazu hat sie keine Zeit.

5. Wenn Du keine Ahnung hast, wo es langgeht, frage jemanden, der sich in der Gegend auskennt.

The Sound of Idleness

Ich sitze hier in der Küche und lausche dem meditativen Rauschen meiner Spülmaschine und freu mirn Ast, das ich nicht an der Spüle stehen muss und das dreckige Geschirr vom Mittagessen spülen, damit meine Mitbewohnerin nicht rückwärts aus der Küche rausfällt. Und da hab ich mich gefragt: Wo und wann wurde eigentlich die Spülmaschine erfunden? Ich hatte spontan die Idee, dass man daran vielleicht sehen könnte, ob der Kapitalismus nicht doch eigentlich gut ist. Also wollte ich den Test machen: Sollte die Spülmaschine in einem sozialistischen Land erfunden worden sein oder in einem Feudalstaat, würde ich den Kapitalismus noch glühender hassen als bisher. Wäre dieser wunderbare Automat eine kapitalistische Erfindung, würde ich mein Urteil über den Kapitalismus relativieren und sagen, er ist nur teilweise schlecht.

Ich schaue also bei Wikipedia. Und bin sehr überrascht. Nicht wegen des Ursprungslandes der Geschirrspülmaschine, sondern… weil die Erfinderin eine Frau war, Josephine Cochrane. Und überrascht bin ich eigentlich auch gar nicht über diese Tatsache, sondern darüber, dass ich automatisch an einen männlichen Erfinder gedacht habe, ohne dass ich überhaupt in meinem kapitalismuskritischen Zorn darüber nachgedacht hätte, ob diese Vorstellung nicht vielleicht ein Effekt meiner profitablen Position innerhalb der männlichen Herrschaft ist. Mann!

Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Geschirrsp%C3%BClmaschine

RepEx – Mein erstes selbstgeschriebenes Programm

In der Zeitung reden jetzt immer mal wieder Leute von „Mensch-Maschinen“, von so einer Art siamesischen Zwillingen, bestehend aus einem Leut und seinem Macbook, Smartphone oder Tablet, und wenn ich überlege, wieviel Zeit ich an diesem Rechner hier verdaddele, kann ich nicht ganz leugnen, das auch ich zu verwachsen beginne.

„Was tun?“ sprach nicht nur Lenin, und da habe ich mir überlegt, die Sache nicht wie bisher mehr oder weniger erfolgreich zu ignorieren, sondern aktiv anzugehen. „Challenge!“ sagte ich mir, und setzte mich intensive 3 Minuten hin, um extrem angestrengt nachzudenken. In der Zeit habe ich mich als Mensch-Maschine ganz ernst genommen, mich so akzeptiert, wie ich bin, und habe mir selbst ein Programm geschrieben und es auch gleich auf mir installiert und gestartet.

Das Programm geht so: Wenn ich sehe, dass ein neuer Tag angebrochen ist, dann habe ich die Aufgabe, an dem Tag für jeden Gegenstand, den ich erwerbe und der in meinen Haushalt kommt, einen anderen Gegenstand abzugeben. Dabei ist es egal, ob ich den Gegenstand verkaufe oder verschenke oder einfach was Geliehenes zurückgebe.

Außerdem habe ich die Aufgabe, an dem Tag eine Sache zu reparieren, die nicht mehr richtig funktioniert.

Das Programm habe ich RepEx genannt (von „Reparieren“ und „Ex und hopp“). Und es läuft auf mir ziemlich gut, an manchen Tagen stürzt es noch ab, wenn ich zu viele andere Programme parallel laufen habe, die irgendwer auf mir installiert hat, packt das mein Prozessor offensichtlich nicht so richtig.

Meistens ist das Hauptproblem dieses Programm „Arbeit“, das total viel Prozessorleistung frisst (Laut Task-Manager so um die 50%), ich glaube, das hat bei mir der Kapitalismus installiert, weil ich am Anfang meines Montas immer aufs Konto schaue und dann sind da 1900 Euro neu drauf und ich vermute, das ist der Kaufpreis für die 50% monatliche Rechenleistung meines armen kleinen Gehirns.

Zum Glück hab ich nur ne halbe Stelle und so bleiben meinem Gehirn 50% Rechenleistung übrig, mit denen ich zum Beispiel lustige kleine Programme wie RedEx schreiben kann, die mein Leben bereichern. Ich hab jetzt schon repariert: meinen Lieblings-Karate-Anzug, den mir ein übereifriger Übungspartner zerrissen hatte, einen schönen Wollpullover, unsere Wohnungstür und mein Fahrrad.

Zugegeben, die Funktion von dem Programm, wo es um das Weggeben von Dingen geht, die „Ex“-Funktion, hat noch ein paar Bugs, zum Beispiel schmeiße ich oft einfach nur Pfandflaschen in den Automaten und sonst geb ich an dem Tag dann nichts mehr ab. Außerdem registriert das Programm irgendwie nicht genau, was ich eigentlich alles neu ansammele, und deshalb hab ich den Eindruck, ich geb nicht genug ab, so dass ein Gleichgewicht entsteht. Da muss ich wohl nochmal nachprogrammieren, weil so die Menge von Zeug in meiner Wohnung doch noch immer stetig ein bisschen anwächst.

Aber insgesamt bin ich mit meinem Programm ziemlich zufrieden, und deshalb möchte ich es hier mit Euch teilen. Es steht unter der Open Source Lizenz „SCHMU“ (Schabernack mit dem Untergang) und ihr könnte es euch gerne installieren und dann im Userforum (siehe Link oben) ein Feedback posten.

Helle Praxis statt düstere Wissenschaft

Kleine Idee zu Nikolaus Piper: „Düstere Wissenschaft“ SZ Nr. 228 vom 4./5.10.2014, S. 24.

Die Marktliberalen sind auch irgendwie lustig: Sie glauben so fest an ihre Doktrin, dass selbst ein Inquisitionsrichter des 17. Jahrhunderts dagegen wie ein Waisenknabe in Sachen Glaubensfestigkeit erscheint.

So schreibt Nikolaus Piper, trotz der Finanzkrise habe sich nichts „an der Erkenntnis geändert, dass die Menschen am besten selbst für ihre Belange sorgen und dafür nicht den Staat brauchen. Der Staat sollte den Markt ermöglichen, aber nicht ersetzen.“

So, und jetzt kommen wir zum spaßigen Sonntagnachmittag-Gewinnspiel (der Sieger gewinnt eine Aktie der Commerzbank, aber nur, wenn der deutsche Staat sie zum halben Kaufpreis wieder abstößt): Finden Sie den Fehler im rechten Bild!

Auflösung: Der erste Satz stellt die Behauptung auf, man brauche den Staat nicht. Daraus können wir in dem Kontext nur schließen: Alles kann über den Markt geregelt werden. Der zweite Satz stellt dann etwas fest, was dem ersten widerspricht: Der Staat solle „den Markt ermöglichen“. Wenn der Staat den Markt erst ermöglicht, brauchen die Menschen eben auch den Staat, weil es ohne den keinen Markt gibt.

Im Unterschied zu SZ-Wirtschaftsjournalisten müssen wir ökonomischen Laien uns nun entscheiden, welcher dieser zwei sich gegenseitig widersprechenden Aussagen wir Glauben schenken.

Mir scheint erstmal Satz zwei plausibel: Wir brauchen den Staat, um den Markt zu ermöglichen. Ohne Staat gibt es keine Garantie von Eigentumsrechten, und damit gibt es immer die Möglichkeit, dass Menschen ihre Interessen statt durch Tauschgeschäfte durch Gewalt, Raub und Erpressung durchsetzen. Unter diesen Bedingungen kann es keinen funktionierenden Markt geben.

Mein Problem ist: Im Grunde möchte ich stattdessen an Satz 1 glauben: Menschen sollten am besten ihre Angelegenheiten selbst regeln, ohne Staat. Das scheint aber irgendwie nicht zu gehen. Was für ein Elend.

Aber es gibt einen Ausweg aus dem Schlamassel: Wir sollten das „selbst Regeln“ nicht im Sinne von „selbst Regeln über den Markt“ verstehen. Das Schöne ist: Faktisch machen wir solche Problemlösungen jenseits von Markt und Staat jeden Tag. Ich habe zum Beispiel gestern zusammen mit Freund*innen einer hochschwangeren Freundin beim Aufräumen und Putzen nach ihrer Geburtstagsparty geholfen, und zwar, man höre und staune, ganz ohne eine Gegenleistung zu verlangen. In einer reinen Marktgesellschaft wäre ich innerhalb von Wochen ruiniert. Wir tun ständig solche Dinge.

Ich würde jetzt vorschlagen, dass wir unsere Angelegenheiten tatsächlich größtenteils ohne Staat regeln, aber eben auch ohne Markt, damit entgehen wir dem unattraktiven Selbstwiderspruch, einen Markt ohne Staat fordern zu müssen, den es gar nicht geben kann.

Meinetwegen kanns weiter Markt und Staat geben, weil ich auch nicht alle meine Wünsche über meinen Freundeskreis, meine politische Gemeinde und meine Familie erfüllt bekomme. Und jetzt traue ich auch nicht allen Menschen, zum Beispiel habe ich momentan einen Küchenofen in Nordhessen im Auge über eine Kleinanzeige, und die Leute in Nordhessen… Na ja.

Aber es wäre doch nett, wenn die Bedeutung von Markt und Staat in unserem Leben mal auf ein Minimalmaß schrumpfen würde, bei dem man sich auch wohlfühlen kann. Ich jedenfalls fühle mich irgendwie bei dem Gedanken unwohl, dass ich, einfach weil ich Staatsbürger der BRD bin, irgendwelchen Leuten 25420 Euro schulde (Stand: 5.10.2014, Quelle: http://www.steuerzahler.de/Home/1692b637/index.html), die ich nicht mal kenne.

Ich kann außerdem gar nicht auf die Straße gehen, ohne dass ich irgendwie auf dem Markt bin: Auf der einen Seite kommt ein Schuhladen, dann ein Computerladen und dann ein Buchladen, auf der anderen Seite kommt erst ein Weingeschäft, dann ein Outdoorladen und dann ein Fahrradladen. Das nervt irgendwie alles, weil ich dauernd in die Schaufenster starre und mir überlege, ob ich nicht doch mal dieses und das und besonders jenes brauche.

Ich würde gerne mal auf die Straße gehen und da wäre dann zuerst ein Repaircafe, dann eine öffentliche Bibliothek mit integriertem Umsonstcafe, dann ein Kostnix-Laden. Auf der anderen Seite wär ne Volxküche, dann eine Tauschring-Zentrale und dann ein open-space-haus, wo man Teach-Ins, Work-Ins und Relax-ins anbieten kann, wenn man grad nicht mit Gärtnern in dem Allmende-Urban-Gardening-Garten beschäftigt ist.