Kommentar zu „DIE COMMONARDEN.* TEILEN UND GEWINNEN. KANN MAN DIE RETTUNG DER WELT WIRKLICH ALS PRIVATSACHE BETRACHTEN?“ VON TILL BRIEGLEB, SÜDDEUTSCHE, FEUILLETON Nr. 191, S.13
Ich bekenne, dass ich in einer Food-Coop bin. Ich bekenne, dass ich Mitglied eines Mietshaussyndikats werden will. Ich bekenne, dass ich nicht in einer Partei bin und nicht im Stadtrat. Mein Engagement gegen Ausbeutung und Armut beschränkt sich tatsächlich darauf, Kaffee aus Kooperativen in Südamerika in meiner Coop zu kaufen. Und mein Engagement gegen entfesselten Finanzkapitalismus darauf, mein Konto bei der Stadtsparkasse zu führen und nicht bei der Deutschen Bank.
Es ist wirklich nett von Herrn Briegleb, mein Engagement als „begrüßenswert“ zu würdigen. Leider habe ich mich entgegen seiner Warnung in den Glauben verirrt, dass ich damit etwas anderes tue als der „pluralistische Angebotskapitalismus“. Nachdem Versuche, den Kapitalismus durch Enteignung der Produktionsmittel angebotsseitig zu Fall zu bringen, eher mäßig gelungen sind (nähere Informationen unter www.gauck-behoerde.de), fand ich die Idee einer zentralistisch geplanten Revolution wenig überzeugend. Ich engagiere mich deshalb lieber im pluralistischen Nachfragesozialismus. Darauf blickt Herr Briegleb jetzt väterlich herab und „begrüßt“ von der hohen Warte des SZ-Feuilletonisten herab unsere Aktivitäten als gut gemeint, aber doch unkoordiniert und daher eher wirkungslos.
Ich begrüße meinerseits Herrn Briegleb im Verein der Kapitalismuskritiker ohne klares Ziel, denn aus seinem Artikel geht zwar hervor, dass er wohl den Kapitalismus in seiner jetzigen Form für gefährlich hält, aber nicht, wie die Alternative aussehen soll. Ich soll mich wohl in unserem demokratischen Staat engagieren, statt in St. Pauli Zucchini zu ziehen. Das schließt sich aber zum einen nicht aus. Zum anderen gilt der Satz unserer amerikanischen Freunde: „It’s the economy, stupid!“ heute mit einer ganz leicht verschobenen Bedeutung: Es gibt ohne ökonomische Alternativen keinen politischen Weg aus dem Schlamassel. Die sozialen und ökologischen Probleme, die unser Leben bedrohen, können in einer globalisierten Ökonomie durch die Macht im Staat allein nicht gelöst werden. Commons sind Versuche, diese Probleme durch neue Verbindungen von ökonomischen und politischen Aktivitäten zu lösen. Dies sind notwendige Experimente. Vieles davon wird besser funktionieren als die aktuelle politische Ökonomie, die Steuerreformen zugunsten der Wohlhabenden aneinanderreiht, während sie alleinerziehenden Müttern entwürdigend wenig Sozialhilfe für die Versorgung ihrer Kinder gibt.