Hegel, die Geschichte und Bob Dylan

Ich habe heute fahrradfahrend eine Idee für einen Ansatz einer Geschichtsphilosophie. Ich hatte folgende Idee: Ich radelte so vor mich hin und dachte darüber nach, dass unsere Sprache und unser Sprechen meistens aufgrund der Mehrdeutigkeit der Worte, die wir verwenden, ganz viele unterschiedliche Bedeutungsebenen gleichzeitig haben, weil wir assoziieren können, sobald wir ein Wort in einer Bedeutung verwenden, und die anderen Bedeutungen schwingen mit. In der Linguistik nennen sie das Mitschwingen dann Konnotation (im Gegensatz zur Denotation, die die im Kontext funktionale Bedeutung, zum Beispiel der gemeinte Bezug auf einen Gegenstand, ist). Wenn ich jetzt also zu einem Freund sage: „Ich treffe xy bald auch persönlich.“ Dann kann ich mit dem Wort „persönlich“ einfach meinen, ich kommunizierte bisher nur per Email mit dem Menschen, und jetzt treffe ich ihn so richtig mit körperlicher Sinneswahrnehmung, sehe xy in die Augen, höre seine Stimme, sehe, ob er gestresst aussieht oder nicht usw.

Aber es gibt noch andere Bedeutungsebenen des Wortes „persönlich“: Wir können damit konnotativ meinen, dass es eine große Ehre ist, mit der Person xy sich überhaupt treffen zu dürfen, weil Person xy eigentlich schrecklich wenig Zeit hat, weil sie so wichtig ist. Blöderweise ist unsere Sprache aber so uneindeutig, dass damit auch ganz genauso gemeint sein kann: Meine Person ist so wichtig und ich habe so wenig Zeit, dass ich dem Menschen xy großmütig meine Zeit schenke für ein „persönliches Gespräch“.

So. ich könnte jetzt noch mehr Bedeutungsebenen des Wortes „persönlich“ aufzählen, aber ich will auf einen ganz einfachen Punkt hinaus, und deshalb lasse ich das mal.

Mein Punkt ist der: Vielleicht entwickelt sich in der Geschichte der Menschheit (und das sage ich trotz Proudhon) die Bedeutungskomplexität der Sprache immer weiter, und was am Anfang wie eine Knospe war, ein Wort wie „persönlich“, das entwickelt im Laufe der Geschichte der Kommunikation immer mehr Nuancen, Teilbedeutungen und unsere Sprache bekommt viele Ebenen gleichzeitig. Das kann ganz schön überfordern, weil wir dauernd interpretieren müssen, welche Ebenen jetzt wichtig sind und welche nicht, gerade wenn Leute diese Mehrebenen-Struktur gemein ausnutzen.

Deshalb genießen wir Poesie so sehr, weil sie uns entlastet von dem Zwang, immer genau zu wissen, welche Bedeutung jetzt gemeint ist. Hier ein kleines Beispiel:

„Outside in the cold distance

a wildcat did growl

two riders were approaching

and the wind began to howl.“