Den Kohlekompromiss als Politiklehrer ertragen

Der Bundestag hat sich für einen weiteren Kompromiss mit den Energiekonzernen und gegen einen Kompromiss mit den 1,4 Millionen vor allem jungen Menschen in Deutschland entschieden, die letztes Jahr für eine ökologischere Politik auf die Straße gegangen sind.

Mir ist gerade klar geworden, dass mich das als Politiklehrer in eine schlimme Lage bringt: Bisher habe ich den Schüler*innen nahezubringen versucht, dass die repräsentative Demokratie bei allen Demokratiedefiziten, über die ich im Studium aufgeklärt wurde, letztlich doch funktioniert und die Interessen der Bürger*innen gehört werden.

Ich habe meine Aufgabe darin gesehen, Schüler*innen dazu zu motivieren, sich mit Politik zu beschäftigen, auch wenn die neuen Medien Ihnen tausend Angebote machen, die hipper, witziger, weniger frustrierend und bunter sind.

Nachdem das Parlament jetzt den Kohlekompromiss der Kohlekommission, der von vielen Fridays for Future Aktivist*innen unter den Schüler*innen schon als ungenügend gesehen wurde, nochmal in Richtung mehr CO2 Ausstoß verwässert hat, weiß ich ehrlich gesagt nicht mehr, wie ich vor eine Schulklasse treten soll und dieser Generation, die gerade zu meiner riesigen Freude endlich lautstark für ihre eigene Zukunft auf die Straße gegangen ist, ernsthaft und ohne mich zum Gespött zu machen sagen soll, dass diese Demokratie sie braucht, ihre Stimmen hört und dass ihr Engagement einen Sinn hat.

Eigentlich müsste die Regierung mir einen Schmerzensgeldzuschlag zahlen, denn sie hat gerade meinen Beruf um etliches schwerer für mich gemacht, nach einem Jahr, in dem ich dachte, er wird leichter. Ein Physiklehrer hat das Problem so nicht.

Das Geld würde ich dann gleich an Fridays for Future spenden. Ich hoffe, dass die Schüler*innen einfach trotzdem weiter machen. Denkt immmer daran: Die jetzt die falsche Politik machen, sind im Schnitt 40 Jahre älter als ihr und ihr werdet länger leben.

Soviel Motivation kann ich noch aufbringen. Ich weiß, es ist nicht viel.