Helle Praxis statt düstere Wissenschaft

Kleine Idee zu Nikolaus Piper: „Düstere Wissenschaft“ SZ Nr. 228 vom 4./5.10.2014, S. 24.

Die Marktliberalen sind auch irgendwie lustig: Sie glauben so fest an ihre Doktrin, dass selbst ein Inquisitionsrichter des 17. Jahrhunderts dagegen wie ein Waisenknabe in Sachen Glaubensfestigkeit erscheint.

So schreibt Nikolaus Piper, trotz der Finanzkrise habe sich nichts „an der Erkenntnis geändert, dass die Menschen am besten selbst für ihre Belange sorgen und dafür nicht den Staat brauchen. Der Staat sollte den Markt ermöglichen, aber nicht ersetzen.“

So, und jetzt kommen wir zum spaßigen Sonntagnachmittag-Gewinnspiel (der Sieger gewinnt eine Aktie der Commerzbank, aber nur, wenn der deutsche Staat sie zum halben Kaufpreis wieder abstößt): Finden Sie den Fehler im rechten Bild!

Auflösung: Der erste Satz stellt die Behauptung auf, man brauche den Staat nicht. Daraus können wir in dem Kontext nur schließen: Alles kann über den Markt geregelt werden. Der zweite Satz stellt dann etwas fest, was dem ersten widerspricht: Der Staat solle „den Markt ermöglichen“. Wenn der Staat den Markt erst ermöglicht, brauchen die Menschen eben auch den Staat, weil es ohne den keinen Markt gibt.

Im Unterschied zu SZ-Wirtschaftsjournalisten müssen wir ökonomischen Laien uns nun entscheiden, welcher dieser zwei sich gegenseitig widersprechenden Aussagen wir Glauben schenken.

Mir scheint erstmal Satz zwei plausibel: Wir brauchen den Staat, um den Markt zu ermöglichen. Ohne Staat gibt es keine Garantie von Eigentumsrechten, und damit gibt es immer die Möglichkeit, dass Menschen ihre Interessen statt durch Tauschgeschäfte durch Gewalt, Raub und Erpressung durchsetzen. Unter diesen Bedingungen kann es keinen funktionierenden Markt geben.

Mein Problem ist: Im Grunde möchte ich stattdessen an Satz 1 glauben: Menschen sollten am besten ihre Angelegenheiten selbst regeln, ohne Staat. Das scheint aber irgendwie nicht zu gehen. Was für ein Elend.

Aber es gibt einen Ausweg aus dem Schlamassel: Wir sollten das „selbst Regeln“ nicht im Sinne von „selbst Regeln über den Markt“ verstehen. Das Schöne ist: Faktisch machen wir solche Problemlösungen jenseits von Markt und Staat jeden Tag. Ich habe zum Beispiel gestern zusammen mit Freund*innen einer hochschwangeren Freundin beim Aufräumen und Putzen nach ihrer Geburtstagsparty geholfen, und zwar, man höre und staune, ganz ohne eine Gegenleistung zu verlangen. In einer reinen Marktgesellschaft wäre ich innerhalb von Wochen ruiniert. Wir tun ständig solche Dinge.

Ich würde jetzt vorschlagen, dass wir unsere Angelegenheiten tatsächlich größtenteils ohne Staat regeln, aber eben auch ohne Markt, damit entgehen wir dem unattraktiven Selbstwiderspruch, einen Markt ohne Staat fordern zu müssen, den es gar nicht geben kann.

Meinetwegen kanns weiter Markt und Staat geben, weil ich auch nicht alle meine Wünsche über meinen Freundeskreis, meine politische Gemeinde und meine Familie erfüllt bekomme. Und jetzt traue ich auch nicht allen Menschen, zum Beispiel habe ich momentan einen Küchenofen in Nordhessen im Auge über eine Kleinanzeige, und die Leute in Nordhessen… Na ja.

Aber es wäre doch nett, wenn die Bedeutung von Markt und Staat in unserem Leben mal auf ein Minimalmaß schrumpfen würde, bei dem man sich auch wohlfühlen kann. Ich jedenfalls fühle mich irgendwie bei dem Gedanken unwohl, dass ich, einfach weil ich Staatsbürger der BRD bin, irgendwelchen Leuten 25420 Euro schulde (Stand: 5.10.2014, Quelle: http://www.steuerzahler.de/Home/1692b637/index.html), die ich nicht mal kenne.

Ich kann außerdem gar nicht auf die Straße gehen, ohne dass ich irgendwie auf dem Markt bin: Auf der einen Seite kommt ein Schuhladen, dann ein Computerladen und dann ein Buchladen, auf der anderen Seite kommt erst ein Weingeschäft, dann ein Outdoorladen und dann ein Fahrradladen. Das nervt irgendwie alles, weil ich dauernd in die Schaufenster starre und mir überlege, ob ich nicht doch mal dieses und das und besonders jenes brauche.

Ich würde gerne mal auf die Straße gehen und da wäre dann zuerst ein Repaircafe, dann eine öffentliche Bibliothek mit integriertem Umsonstcafe, dann ein Kostnix-Laden. Auf der anderen Seite wär ne Volxküche, dann eine Tauschring-Zentrale und dann ein open-space-haus, wo man Teach-Ins, Work-Ins und Relax-ins anbieten kann, wenn man grad nicht mit Gärtnern in dem Allmende-Urban-Gardening-Garten beschäftigt ist.

 

Der Menschenpark lädt nicht zum Spazierengehen ein

Leider wird mir vieles, was mir früher völlig klar erschien, mit den Jahren immer undeutlicher: Mir war zum Beispiel früher klar, dass Peter Sloterdijk auf dem Holzweg war, als er 1999 seine Rede zum „Menschenpark“ hielt, in der er biotechnologische Manipulationen wie die gezielte Veränderung menschlicher Gene hoffähig zu machen versuchte.

Ich war also voll auf Habermas Seite, der Sloterdijk öffentlich massiv kritisierte. Und Sloterdijk hat sich ja auch eine besonders üble Kombination ausgesucht, indem er ausgerechnet den Nazi Heidegger als philosophischen Kronzeugen für eine Verteidigung der Züchtung des Menschen durch Gentechnik heranzog.

Nun ist Sloterdijk ein agent provocateur der Spontibewegung in der deutschen Gegenwartsphilosophie, und ist seiner Rolle da besonders gut gerecht geworden.

Anlässlich einer Debatte in der Programmgruppe von Blockupy bin ich dieses Jahr in Emails ziemlich ausgeflippt, als jemand Sloterdijk zu einer Podiumsdiskussion einladen wollte, weil ich dessen philosophische Position zur Eugenik katastrophal fand. Ich habe deshalb aber nochmal über mein persönliches Hauptargument gegen einen „Menschenpark“ nachgedacht. Ich habe immer gedacht, es muss antiemanzipativ sein, wenn man menschliches Erbgut gezielt verändert oder selektiert, weil der Züchtende zwangsläufig immer jemand anderes ist als der Gezüchtete, und letzterer deshalb den Entscheidungen des Züchtenden vollkommen ausgeliefert ist.

Jetzt wurde mir klar, dass dieses Argument auf Sand gebaut ist: Wir sind schließlich, wenn wir Genmanipulationen am Menschen aus ethischen Gründen verbieten, einfach auch die Opfer einer sich blind vollziehenden Naturkausalität: Welche Gene sich wie kombinieren, ist Sache einer Zufallslotterie, in der manchmal auch Erbkrankheiten wie Mukoviszidose weitergegeben werden. Wir stehen also einmal mehr vor einer Entscheidung, in der es keine gute, emanzipatorische Alternative gibt: Entweder zukünftige Kinder sind dem Willen von genmanipulierenden Menschen oder dem Zufall eines natürlichen Rekombinationsprozesses ausgeliefert.

Ich habe jedenfalls weder Vertrauen in die Natur, noch glaube ich an Gott, so dass der genetische Vererbungsprozess mir als eine besonders ungerechte Lotterie vorkommt, deren Lose wir alle ziehen und mit deren Ergebnis wir dann leben müssen. So gesehen müsste ich eigentlich auf Sloterdijks Seite stehen und die minimale Selbstbestimmung des Menschen über seine eigenen Nachkommen, die die Gentechnik eröffnet, gutheißen.

Allerdings: Sollten sich in den nächsten Jahrzehnten Selektion und Manipulation von Erbgut durch den Menschen gesellschaftlich durchsetzen, wird ein Haufen anderer Probleme auf uns zukommen: Die Struktur der Familie wird sich rapide verändern, weil Kinder Eltern die genetischen Dispositionen, mit denen sie versorgt wurden, zum Vorwurf machen werden. Es wird gezüchtete Eliten geben von Menschen, die sich die Dienste einer aufwändigen und teuren Reproduktionsmedizin leisten können, und demgegenüber viele Menschen, die von der Nutzung dieser Technik ausgeschlossen sind. Es wird auch viele technische Fehler geben, durch die Menschen gezwungen sind, mit genetischen Codierungen zu leben, die unerwünschte Nebenwirkungen haben.

Der Futurologe Stanislaw Lem hat in seinen Sterntagebüchern den Sternreisenden Ijon Tichy einen Planeten besuchen lassen, auf dem die Bewohner gelernt hatten, ihr Erbgut nach Gutdünken zu verändern. Die Geschichte dieser Spezies beschreibt Lem als die absurde und skurile Folge völlig blödsinniger Trends: So gibt es Personen mit acht Beinen und „Doppler“ mit zwei Hinterleiben und ohne Kopf. Alle Manipulationen verursachen in der Geschichte letztlich mehr Probleme als sie lösen.

Ich glaube mit Lem und Habermas also immer noch, dass Menschenzüchtung Quatsch ist. Und wie schön ist das denn: Offensichtlich produziere ich für meine Meinungen, die sich einmal festgesetzt haben, immer neue Argumente, die sie stützen, sobald der Vernunftprozess die alten Argumente widerlegt hat.

Green Mans Burden – Nachhaltigkeit als Ideologie Teil 1

Wie sollen wir unsere Wirtschaftsweise erneuern angesichts des Klimawandels einerseits und boomender Konkurrenznationen wie China, Indien und Brasilien andererseits? Darauf kann man grundsätzlich auf einer Skala zwischen zwei Polen antworten: 1. Postwachstum: Wir beenden die ökonomische Expansion, schrumpfen uns gesund, üben Konsumverzicht und reaktivieren nachhaltige Wirtschaftsformen (Handarbeit, Gartenbau). 2. Wir setzen auf grünen Kapitalismus und grüne Spitzentechnologie (Photovoltaik, Elektroautos, Brennstoffzellen) und vereinbaren damit ökonomisches Wachstum und Umweltschutz.
Dominant in der deutschen Öffentlichkeit ist eindeutig letztere Auffassung. Felix Stefan argumentiert in diesem Sinne in seinem Kommentar zum Buch „Intelligent wachsen“ von Ralf Fücks (Böll-Stiftung), ein Postwachstumsland Deutschland wäre ein Tropfen auf dem heißen Stein, den die expansiven Ökonomien Chinas und anderer Boomstaaten darstellen. Ergo müsse Deutschlands Ökonomie weiter wachsen, nur eben im Bereich umweltfreundlicher Technologien.? Postwachstumstheoretiker_innen argumentieren dagegen, dass selbst scheinbar umweltfreundliche Produkte wie Solarzellen und Hybridautos in der Bilanz mehr ökologischen Schaden als Umweltschutz bewirken. Für sie ist ökonomisches Wachstum zwangsläufig mit Umweltzerstörung verbunden.
Es wäre sicher schön, wenn die deutsche und die chinesische Industrie in einen Wettkampf darum eintreten, eine Solarzelle zu produzieren, für deren Herstellung wesentlich weniger Energie benötigt wird als bisher. Und sicher ist die romantische Version der Postwachstumsgesellschaft, in der ich mich mit meinen handgezogenen Möhren auf den zweistündigen Fußmarsch zum nächsten Dorfmarkt mache, nicht gerade eine befreiende Vorstellung.
Allerdings habe ich vor einiger Zeit einen Bericht über ein Projekt in Indien gesehen, in dem Kleinbauern über das Internet, bevor sie ihre Produkte zum Markt bringen, feststellen können, ob jemand ihr Produkt braucht. Das ist gar nicht mal so unpraktisch, wenn man zwei Stunden mit dem Fahrrad zum Markt fährt. Ein weiteres Beispiel aus Bolivien: Ein Parabolspiegel-Herd, auf dem man mit Sonnenlicht kochen kann.

http://independence.wirsol.de/wp-content/gallery/bolivien-foto-story-la-paz/dsc00422_solar_cooker-detail.jpg

Oder das hier: Eine Kleinanlage, mit der in China Biogas aus Dung für Gaskocher, Boiler und Gaslampe verwertet wird.

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Quelle: https://agrarheute.landlive.de/boards/thread/16347/page/1/

Wenn man jetzt noch den Internetrechner in Indien mit Solarzellenstrom betreibt, hat man ein schönes Beispiel, das zeigt, dass der Gegensatz „Postwachstum“-„Grüne Spitzentechnologie“ ein Pseudogegensatz ist. Niemand will in die Ökonomie der Vergangenheit zurück, selbst die konsequentesten Technik-Asketen wollen deshalb nicht das Rechtsverhältnis der Feudalherrschaft zurück.

Es ist aber schon interessant, dass die Vertreter der Hybridauto-Nachhaltigkeit gegen Postwachstumspläne so massiv Front machen: Anscheinend haben sie irgendwie Angst. Vor allem haben sie scheinbar Angst, dass Indien und China Deutschland wirtschaftlich hinter sich lassen und dabei noch massiv die Atmosphäre verpesten, wenn Deutschland nicht mit gutem Beispiel vorangeht und zeigt, wie man ökonomisch Gewinn macht und trotzdem den Planeten nicht zerstört. Das sind ja gleich zwei Gedanken auf einmal: Ein missionarischer („Wir müssen der Welt den überlebenswichtigen Umweltschutz beibringen“) und ein egoistischer („wir wollen die Reichsten von allen bleiben“). Das erinnert mich fatal an irgendetwas, was war es gleich, ah ja: Das Programm des Imperialismus. Rudyard Kipling, der Verfasser des Dschungelbuchs, hat den Begriff des „White Mans Burden“ verbreitet: Demnach sei es die schwere Last des „weißen Mannes“, mit dem Imperialismus die bessere „weiße“ Kultur (das hieß insbesondere die christliche Religion) über den Erdball verbreiten zu müssen, auch wenn er dafür leider unheimlich viele Afrikaner_innen ermorden muss. Dass es für den anglo-amerikanischen Imperialismus treibende Profitinteressen wie den Bedarf an Rohstoffen und Absatzmärkten für die boomende heimische Industrie gab, hat Kipling nicht so interessiert.
Ich frage mich, ob nicht Chinesen und Inder und Brasilianer auch selbst irgendwie darauf kommen, dass es wirtschaftlich und auch allgemein Sinn macht, die Umwelt nicht zu zerstören, ohne dass ein deutscher Ingenieur ihnen das vormachen muss. In meinen Augen ist dieses Anbeten der deutschen Umwelttechnologie einfach nur Ideologie: Hier sollen mal wieder Kapitalinteressen als Allgemeininteressen getarnt werden. Also mir schmeckt mein Vollkornbrot sicher noch genauso gut, wenn Deutschland auf den 50. Platz der Exportnationen abgerutscht ist. Ich denke, die Inder und Chinesen werden sich, wenn sie ihre Armutsprobleme gelöst haben, verstärkt an den Schutz der Umwelt machen. Sicher gibt es auch in China und Indien massive Kapitalinteressen, die zu Umweltzerstörung führen, und das kann und muss man genauso kritisieren wie Chinas Verletzung von Grundrechten und die dort herrschende Unterdrückung. Aber diese Kritik in Form eines Wirtschaftswettkampfes zu üben ist falsch: Woher sollen denn die Arbeiter_innen in einem chinesischen Autowerk wissen, dass es manchmal einen Zusammenhang zwischen Spitzentechnologie, funktionierender Demokratie und Sozialstaat gibt? Der importierte BMW wird es ihnen schwerlich verraten, vor allem dann nicht, wenn er von einem Parteifunktionär gefahren wird, der gleichzeitig auch noch Besitzer der Autofabrik ist, in der die Arbeiter_innen für kleinen Lohn schuften müssen.
Hoffentlich können die aufholenden Nationen erneute Katastrophen wie DDT, Tschernobyl und Bhopal sowie den Wahn, dass Autobahnen Freiheit bedeuten, vermeiden, aber dazu reicht es vielleicht, wenn wir unsere Erfahrungen weitererzählen, und wir müssen dafür jetzt nicht unbedingt eine bessere Solarzelle bauen. ?Letztendlich haben die Vertreter der grünen Technologie auch nur Angst, dass Volkswagen irgendwann nicht mehr so viele Autos verkauft und die Gewinne schrumpfen und Leute entlassen werden, die dann NPD wählen. Und das ist ja auch eine reale Gefahr, weshalb VW jetzt schleunigst das weltbeste Solarauto entwickeln sollte. ?Aber es wäre doch sehr entspannend, wenn wir uns hier in Deutschland klarmachen, dass es dann eben für die nächsten zwanzig Jahre bei dem Solarauto bleibt, das wir 2020 gekauft haben, und dass wir uns nicht den Arsch abarbeiten müssen, um 2022 ein noch sparsameres kaufen zu können. Das setzt natürlich voraus, dass die Firmen Solarautos bauen, die auch zwanzig Jahre halten, was wieder nicht so richtig kapitalkonform ist, weil man dann eben nur einmal in zwanzig Jahren Profit mit dem Solarauto machen kann, und nicht 10 mal.

Das führt mich jetzt zu folgender Überlegung: Es gab in der Anfangszeit der Grünen mal eine grüne Kapitalismuskritik. Knapp zusammengefasst war die Argumentation in den 80ern ungefähr folgende: Der Kapitalismus zerstöre aufgrund seiner Struktur die Umwelt, weil immer größere Profite nur durch steigende Ausbeutung natürlicher Ressourcen und zunehmende Emissionen erzielt werden könnten. Das zielgerichtet eingebaute Verfallsdatum in vielen Produkten ist dafür der beste Beleg.
Ich fahre jetzt demnächst das erste Mal mit einem Elektro-Auto, das mein Carsharing-Anbieter, ein Tochterunternehmen der Deutschen Bahn, angeschafft hat. Vielleicht schreibe ich danach weniger kritisch über grünen Kapitalismus und grüne Spitzentechnologie. Der Wagen ist übrigens ein Renault Zoe und komischerweise kein VW – also entweder ist die deutsche Industrie gar nicht so weltweit spitzen-öko, wie die Leute immer sagen, oder die Leute bei der Deutschen Bahn sind einfach keine Patrioten, sondern kapitalistische Kosmopoliten und haben unverschämterweise trotz deutscher Alternativen bei den Franzosen gekauft – oder beides. Par Bleu.

Menschenrechte, Fußballspielen und das gute Leben

In diesem Artikel geht es um Widersprüche zwischen dem allgemein normativ Richtigen in der Gesellschaft und den partikularen Konzepten guten Lebens einzelner Gruppen. Ich schlage außerdem ein neues Element des Modells des personalen Selbst vor, das ich das generalisierte Eigene nenne.

Der Soziologe George Herbert Mead hat ein wirkmächtiges Modell des personalen Selbst vorgeschlagen: Das Selbst ist demnach zusammengesetzt aus dem „I“, dem spontanen Teil der menschlichen Psyche, und dem „Me“, dem reflektierten Teil des menschlichen Geistes, der sich dadurch bildet, dass ein Mensch sich selbst gemäß des Blicks seiner Mitmenschen auf sich zu betrachten lernt und so in sein Selbstbild das Bild integriert, was andere von ihm haben. Um dies tun zu können, müssen Menschen etwas konstruieren, was Mead als das „generalisierte Andere“ bezeichnet: Sie müssen sozusagen die Quersumme aus allen Sichtweisen der verschiedensten Mitmenschen bilden und sich so aus der Perspektive eines verallgemeinerten Mitmenschen, eben des generalisierten Anderen, betrachten.

Ich möchte nun eine Erweiterung dieses Modell des Selbst vorschlagen. Ich bin der Überzeugung, dass zu unserem Selbstbild auch immer das Konstrukt eines generalisierten Eigenen gehört. Damit meine ich folgendes: Stellen wir uns unser soziales Leben als ein Spiel vor, das einerseits durch Solidarität und andererseits durch Konkurrenz geprägt ist, wobei wir in unserer Gruppe (zum Beispiel in der Familie oder im Freundeskreis) solidarisch zusammenspielen, aber dabei in Konkurrenz zu anderen Gruppen stehen, gegen die wir gemeinsam spielen. Außerdem gibt es noch Spielregeln, die für alle mitspielenden Gruppen und Individuen festlegen, was als faires Spielen gilt.

Meads generalisierter Anderer wäre jetzt mein Konstrukt der Quersumme aus den Blickwinkeln aller Spielenden auf dem Spielfeld auf mich und mein Spiel. Meine Idee ist jetzt, das ich nicht nur diese Quersumme bilde, sondern zugleich auch den Blick der Gegner auf mich vom Blick meiner Teamteilnehmenden auf mich unterscheide. Den Blick meines Teams auf mich fasse ich in einem generalisierten Eigenen zusammen, dessen Teil ich bruchlos sein kann – weil mein Blick auf mich genau wie der der anderen Teamteilnehmer auf den Erfolg unserer Gruppe in der Konkurrenzsituation des Spiels ausgerichtet ist. Er hat deshalb starke normative und evaluative Komponenten: Ich beobachte mich genau wie alle anderen meines Teams mich beaobachten, hinsichtlich des Beitrags, den mein Spielverhalten für den Gruppenerfolg leistet. Ich beurteile daher mein Verhalten auch als richtig oder falsch, und zwar nach dem Doppelstandard des generalisierten Anderen einerseits (aus dieser Sicht zählt, was normativ gemäß der für alle geltenden Spielregeln und aus der Sicht aller Spielenden als fair gilt), und nach dem Standard des geralisierten Eigenen andererseits (hier zählt, was evaluativ als gut für den Gruppenerfolg gilt). Ob ich den evaluativen Standard meiner Gruppe und den normativen Standard aller Mitspielenden widerspruchsfrei zur Deckung bringen kann, hängt von den teilnehmenden Gruppen und ihrem Spielverhalten und von den Spielregeln ab.

Wenn zum Beispiel eine Fußballspieler_in ständig Alleingänge vor dem gegnerischen Tor versucht, ohne ihre Mitspieler, die frei stehen, anzuspielen, ist ihr Verhalten zwar normativ korrekt, insofern es den Spielregeln konform ist, aber es wird evaluativ als schlecht bewertet, weil es nicht im Sinne der Gruppe ist, jedenfalls solange es nicht erfolgreich ist und nicht zu einem Tor führt. Die Alleingänger_in weiß das, weil sie sich ständig aus der Sicht ihres Teams beobachtet und bewertet und ihr Spiel danach ausrichtet.

Jetzt hat dieser mein Vorschlag für ein neues Modell des Selbst in der Gesellschaft eine gefährliche Konsequenz: Der Rahmen, der für das gesellschaftliche Leben gilt, ist ein normativer, er besteht aus Regeln, die richtig und falsch festlegen. Die Unterscheidung zwischen gutem und schlechten Leben ist dem normativen Fairnessrahmen der Gesellschaft untergeordnet, insofern wir unser Verhalten im Zweifelsfall an allgemein geltenden Normen als an gruppenspezifischen Werten orientieren müssen. Das hat Vorteile, insofern man, wie Rawls es vorgeschlagen hat, innerhalb eines funktionierenden Gerechtigkeitsrahmens unterschiedliche kulturelle Gemeinschaften mit unterschiedlichen Konzepten guten Lebens spielen lassen kann, ohne dass es zu Gewalt und Unterdrückung kommt. Aber es hat auch Nachteile, denn wenn die Spielregeln absolut gesetzt werden, können wir uns nicht mehr mit einem Konzept guten Lebens im Rücken kritisch auf den normativen Rahmen beziehen, selbst wenn er unseren gemeinsamen gruppeninternen Vorstellungen des guten Lebens widerspricht. Wir könnten also im Fußball nicht kritisieren, dass Männer und Frauen in getrennten Ligen spielen, weil das zum normativen Rahmen des Spiels gehört. Deshalb würde sich der normative Rahmen auch nicht weiterentwickeln. Damit Spielende die Spielregeln verändern können, müssen sie alle Mitspieler überzeugen können, dass ihre Vorstellung vom guten Spielen zwar im Gegensatz zu den normativ wirksamen Spielregeln steht, aber aus der Sicht aller Spielenden das Spiel verbessern würde, wenn der normative Rahmen entsprechend verändert würde. Wenn also der FC Frankfurt demnächst in der Männerbundesliga mit einer geschlechtergemischten Mann/Frauschaft aufspielt, müsste sich der DFB fragen lassen, ob es nicht im Sinne aller wäre, gemischte Ligen zuzulassen.

Insofern können Regelbrüche durch Gruppen auch transformatorischen Charakter bekommen, indem Konzepte guten Lebens über normative Traditionen gestellt und dann diskursiv hinsichtlich ihrer Kongruenz mit dem Allgemeinwohl geprüft werden. Ein gutes normatives Rahmengerüst von Gesellschaften enthält deshalb vor allem Verfahrensregeln, wie und inwiefern evaluative Konzepte guten Lebens auf die abstraktere Ebene normativer Spielregeln gehoben und verallgemeinert werden können. Allerdings werden auch diese Verfahrensregeln von kulturellen Gemeinschaften hinsichtlich ihrer Funktionalität für des gute Leben diskutiert. Die Menschen- und Grundrechte erfüllen dabei die Funktion, den Teufelskreis der Evaluation der Normen und der Normierung der Evaluation zu unterbrechen. Sie müssen deshalb seltsame Hybride aus Werten und Normen sein, sonst könnten sie ihre Funktion nicht erfüllen.

Der generalisierte Andere ist also sozusagen die innere Instanz, vor der jede Person ihre im Konzept des generalisierten Eigenen enthaltenen Vorstellungen des guten Spielens prüfen kann. Insofern sind zum Beispiel aus der Sicht von Fußballspielenden ungeahndete Fouls zwar im Sinne der Mannschaft, aber nicht richtig. Andererseits kann es dazu kommen, dass Normen Konzepten guten Lebens widersprechen. Ein Beispiel dafür ist der Widerspruch zwischen Konzepten gendergerechten Lebens und den Regeln des Sports in unserer Gesellschaft. Die Regeln des Sports müssen sich vor diesen neuen Werten als gerechtfertigt darstellen oder geändert werden. Gendergerechtes Leben wird nur durch Auflösung der starren und unrealistischen Mann-Frau-Unterscheidung möglich werden. Immer wieder werden Intersexuelle Sporler_innen Opfer der Mann-Frau-Abstraktion von der realen Geschlechtervielfalt, und in absehbarer Zeit werden sich die Sportverbände hinsichtlich der normativen Verfasstheit des Sports den Forderungen des Gender Mainstreaming stellen müssen, wenn sich nicht gesellschaftliche Gruppen ganz von ihnen abwenden sollen.

Der normative Rahmen bundesdeutscher Staatlichkeit ist insofern wesentlich weiter entwickelt als der der Sportverbände: In Artikel 4 heißt es: „Niemand darf wegen seines Geschlechts … benachteiligt oder bevorzugt werden…“. Hier ist zum Glück nicht nur von Männern und Frauen die Rede. Vor dem HIntergrund der Tatsache, dass erst 1919 die Frauenbewegung ihr Konzept guten Lebens mühsam in die normative Ordnung gehoben hat, dergestalt, dass endlich „allgemeines Wahlrecht“ auch Wahlrecht für Frauen hieß, kann man sehen, welche Kämpfe es erfordert, die normative Ordnung zu transformieren.

Allerdings bleibt zu warnen, dass es auch Konzepte des generalisierten Eigenen gibt, die humanitäre Verbrechen mitverursachen: Rassismus ist ein solches Konzept, ein evaluatives Konzept, in dem zum Beispiel die Hautfarbe als Gütekriterium und Inklusionsmerkmal auftaucht. Die Sperren im normativen Rahmen gegen evaluativ bedingte Veränderungen, wie sie der Antidiskriminierungsartikel beispielhaft zeigt, sind daher zwar oft konservativ, aber sie schützen gerade deswegen vor verbrecherischen partikularen Konzepten wie dem Rassismus. Nicht jedes Konzept des guten Lebens ist gut.

Zum Konzept des Spiels gehört es, das jeder jederzeit aussteigen kann. Sonst ist es kein Spiel, sondern Ernst. Aus der Tatsache, dass kein Fußballspieler aus einem Bundesligaspiel aussteigen kann, will er nicht Opfer von Missachtung und Verfolgung werden, kann man deshalb schließen, dass es sich bei dem in der Bundesligea organisierten Fußball nicht um ein echtes Spiel handelt, sondern um eine Disziplinierungs- und Herrschaftsmaschine. Ich weiß nicht, ob das an der normativen oder der evaluativen Komponente der Bundesliga liegt, vielleicht an beidem. Mein Konzept des guten Lebens sagt deshalb zur Bunten Liga ja und zur Bundesliga nein. Mal sehen, was sich im Laufe der Geschichte durchsetzt.

 

 

 

 

Mehrdimensionales Denken in den Sozialwissenschaften

Die Gesellschaft ist heute multipolar – das bedeutet, wir kommen mit dem alten links-rechts-Schema aus der Französischen Revolution nicht mehr sehr weit – eigentlich zeigt bereits die Bezeichnung „Sumpf“, die die selbsternannten Jakobiner für die parlamentarische Mitte benutzten, dass mit dem links-rechts-Denken schon im 18. Jahrhundert etwas nicht stimmte. Marcuse hat das „eindimensionales Denken“ genannt.

Mehrdimensionales Denken in den Sozialwissenschaften heißt dagegen, Gesellschaft als Raum zu begreifen, und zum Beispiel die heutige Situation etwa anhand dieser drei Koordinatenachsen zu analysieren: 1. Markt oder Staat, 2. Kapital oder Arbeit 3. autoritär oder libertär. In der Parteienforschung wird schon länger mit ähnlichen Beschreibungen politischer Orientierung gearbeitet, zusätzlich können wir heute noch eine vierte Achse hinzufügen: 4. kulturell offen oder kulturell geschlossen.

Diese vier Achsen schaffen einen komplexen vierdimensionalen Raum, in dem es vielfältige Widersprüche auch innerhalb von assoziierten Gruppen gibt. Dadurch erklärt sich dann auch, warum das Blockupy Bündnis sich so unangenehm anfühlt – weil diese ganzen unterschiedlichen Gruppen eigentlich nur gemeinsam haben, dass sie in Opposition zur Regierungspolitik der Bundes- und Landesregierung stehen. Aber die folgenden Fragen würden unterschiedliche Gruppen innerhalb des Bündnisses vermutlich völlig einander widersprechend beantworten: Wieviel Markt und wieviel Staat wollen wir? Wie autoritär und wie libertär soll unsere Gesellschaft sein?

Die String-Theorie arbeitet ja inzwischen mit 18 Dimensionen, soweit ich informiert bin. Bei so vielen Dimensionen verliere ich persönlich auf jeden Fall den Überblick, was aber auch daran liegen kann, dass ich wegen emines langweiligen Lehrers Physik trotz großen Interesses meinerseits nach der 11 abgewählt habe.

Nachtrag zu Blockupy

Ich habe nochmal über die Demo in Frankfurt nachgedacht. Dabei wurde mir klar: Die Polizei hat, hoffentlich gegen ihren Willen, dafür gesorgt, dass Gruppen zu einem Einheitsbrei verschmolzen worden sind, die sich eigentlich gar nicht so gut verstehen – ich will zum Beispiel mit den Leuten von der MLPD gar nichts zu tun haben, weil die bloß orthodoxe Phrasen gebrüllt haben, die mir echt fremd sind.

Ich glaube ja, Leute schreien bloß so rum, wenn sie ihre eigenen Zweifel übertönen wollen – weil sie irgendwie merken, so ganz verstehen sie die ganze Situation in unserer Gesellschaft auch nicht, und die eigenen Schemata greifen nicht wirklich. Leider trifft dasselbe auch auf die des hessischen Innenministers zu – dessen schematische Feindbilder haben mit mir und den Leuten, mit denen ich da demonstriert habe, mit 60jährigen Gewerkschaftlern und Hippie-Clowns, die wir bloß mehr Freiheiten und mehr Gerechtigkeit wollen und irgendwie eine Gesellschaft, wo man nicht ständig Angst vor Jobverlust und unzureichenden Renten haben muss, nicht das Geringste zu tun.

Mit Pfefferspray gegen Care-Demonstrant_in

Das folgende Interview habe ich mit einer Mitdemonstrant_in geführt, die ich am 1.6.2013 auf der Blockupy Demonstration in Frankfurt a.M. getroffen habe. Auf eigenen Wunsch bleibt die Demonstrant_in anonym.
Utopolitan: Wir haben uns das erste Mal auf der Blockupy-Demonstration getroffen. Wofür wolltest Du dort demonstrieren?
Ich wollte eigentlich im „Care“-Block demonstrieren, leider hatten wir den Block gerade zu dem Zeitpunkt erreicht, als die Demonstration von der Polizei gestoppt worden war. Ich wollte für eine feministische Perspektive in der Blockupy-Bewegung und in der linken Kapitalismuskritik demonstrieren. Es geht mir darum, dass die mit der „Finanz-Krise“ verbundene Krise der sozialen Reproduktionsverhältnisse, die sich im Bereich von Care-Arbeit zeigt, thematisiert wird. Es geht mir dabei um das Aufzeigen der Verschränkung der vielfachen Machtmechanismen in der Care-Arbeit und darum, dass es in der Diskussion um die Bewältigung der Finanzkrise nachrangig um die Bedürfnisse der Menschen geht und dass dies eine Perspektive zeigt, die auch in Nicht-Krisen-Situationen des Kapitalismus herrscht. Es geht um die Achtung der Care-Arbeit an sich, aber auch darum, dass den Bedürfnissen der Menschen generell mehr Bedeutung und Beachtung geschenkt wird und deren Missachtung nicht als nichtintendierte Nebenfolge des kapitalistischen Systems zu verstehen ist, sondern als politisch grundsätzliche Frage. Für mich geht es dabei um das Recht aller Menschen, ein Leben zu führen, in dem die vielfältigen und vielseitigen Bedürfnisse Platz und Raum haben.
Utopolitan: Du warst sehr aufgewühlt, als ich Dich nachmittags beim
Verdi-Lautsprecherwagen traf. Was war passiert?
Wir warteten die ganze Zeit auf der Höhe des „Care-Blocks“ darauf, dass die Demonstration weiterging. Wir standen mit einigen anderen wartenden Leuten in einem Durchgang zwischen dem hinteren Teil des Gebäudes der Oper Frankfurt und einem kleinen Park. In der Mitte des Durchgangs stand ein weißer Kombi der Polizei, auf dessen Dach eine Kamera montiert war, die sich drehte und während der gesamten Wartezeit offenbar die Umstehenden filmte. Die Leute im Demonstrationszug auf der Hofstrasse standen einige Meter von uns entfernt. Der Durchgang zum vorderen Teil der Oper war durch Zäune, die die Polizei dort angebracht hatte und dahinterstehenden PolizistInnen abgeriegelt.
Wir warteten an der beschriebenen Stelle ca. 2 Stunden, in denen wir immer wieder versuchten, herauszufinden, wieso die Demo überhaupt gestoppt worden war, jedoch verstanden wir weder die Durchsagen von den Lautsprecherwagen, noch konnten PolizistInnen uns eine plausible Auskunft geben. Um ca. 15 Uhr hatten sich an dem Durchgang mehrere Leute angesammelt, die alle wissen wollten, wie es mit der Demo weiterginge, unter anderem waren darunter drei ältere Menschen, die in meiner direkten Nähe standen; dann flog auf den erwähnten weißen Kombi der Polizei ein roter Farbbeutel. Zum gleichen Zeitpunkt hatten sich hinter der erwähnten Polizeiabsperrung ca. 15 PolizistInnen in einer Reihe versammelt. Ich stand bestimmt drei Meter von den PolizistInnen entfernt, als ich bemerkte, wie diese sich ohne Ankündigung in Bewegung setzten und die Leute in meiner Nähe anfingen, sich hektisch zu bewegen.  Ich duckte mich und wollte nur noch aus der Menge herauskommen, einige der DemonstrantInnen schrien und dann spürte ich auf einmal etwas Nasses auf meinem Gesicht. Meine rechte Gesichtshälfte und meine beiden Augen begannen fürchterlich zu brennen, weil mir über die anderen Menschen hinweg Pfefferspray ins Gesicht gesprüht worden war. Mein Freund zog mich aus der Menge heraus und ich versuchte, meine Augen und meine geschwollene Haut vom Pfefferspray zu reinigen.
Utopolitan: Es gibt die Meinung, dass die Polizei zurecht präventiv
gewaltbereite Demonstrierende gekesselt habe. Was meinst Du nach Deinen Beobachtungen dazu?
Was ich gesehen hatte, war eine Rakete gewesen, die aus dem Demonstrationszug abgefeuert worden war, außerdem hatte ich einen Busch gesehen, der qualmte und der von der Polizei mit einem Feuerlöscher gelöscht wurde. Meiner Meinung nach waren diese Taten kein Grund, die ganze Demonstration zu stoppen, weil es meiner Meinung nach eine politische Auslegung ist, diese Taten als gewaltbereit auszulegen oder nicht. Aus diesem Grund meine ich, dass die Interpretation und Beurteilung dieser Taten als „Bedrohung“ ein Anlass war, der gesucht wurde, um die Demonstration stoppen zu können und ein Versuch, die Bewegung und alle Teilnehmenden zu kriminalisieren.
Utopolitan: Wirst Du wieder Demonstrieren gehen und wenn ja, was wird anders sein?
Ja, ich werde auf jeden Fall und immer wieder demonstrieren gehen, weil das ein grundlegendes Recht ist. Allerdings habe ich bei dieser Demonstration zum ersten Mal in meinem Leben erlebt, wie ausgeliefert und zu unrecht man behandelt werden kann.
Es war für mich ein Schock zu merken, dass die Polizei als Vertreterin der staatlichen Macht mich körperlich angreifen kann, es in Kauf nimmt, mich zu verletzen, obwohl ich nichts getan hatte, sondern einfach an dem Durchgang gestanden hatte.
Für mich stellt sich nach diesem Erlebnis die Frage, inwiefern innerhalb der Polizei und bei den Polizeikräften die Macht und Gewalt, die ihnen verliehen wurde, reflektiert wird und es hat mir gezeigt, dass menschliche Kollateralschäden für offenbar politische Zwecke in Kauf genommen werden. Ich werde sicher nicht mehr darauf vertrauen, dass Polizeikräfte mich ausschliesslich schützen, sondern bin mir jetzt bewusst, dass sie meine körperliche Unversehrtheit verletzen können, ohne dass ich mich wehren kann.
Utopolitan: Danke für das Interview.

 

Polizei erstickt Demonstrationsrecht mit Pfefferspray

Ein Medienspiegel zur Blockupy Demonstration am 1.6.2013

Ich war dabei. Stellt gerne Fragen per Mail.

 

http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/blockupy-proteste-in-frankfurt-neun-stunden-im-kessel-1.1686594

 

http://www.hr-online.de/website/specials/extended/index.jsp?key=standard_document_48621415&jmpage=1&type=v&rubrik=81261&jm=1&mediakey=fs/hessenschau/130601195202_hs_blockupy_6990

 

http://ea-frankfurt.org/

 

http://www.fr-online.de/blockupy-frankfurt/blockupy-frankfurt-live-ticker-stimmung-wird-immer-aggressiver,15402798,23082772,view,asFirstTeaser.html

 

http://www.fr-online.de/frankfurt/blockupy-frankfurt-ende-einer-demonstration,1472798,23093936.html

 

http://www.grundrechtekomitee.de/node/581

 

http://www.fr-online.de/blockupy-frankfurt/blockupy-frankfurt-blockupy-tage-gehen-zuende,15402798,23090704.html

 

http://www.hr-online.de/website/specials/extended/index.jsp?rubrik=81261&key=standard_document_48633809